Auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes, am Rande der Fraktionssitzungen, haben sich gestern einige Themen abgezeichnet, die in den kommenden Tagen und Wochen noch wichtig werden könnten. Es geht um Inhalte, Prozesse – und ja, Wahlkampf.
Die Union setzt Grenzen: „Wir werden keinem Gesetzentwurf der SPD und der Grünen zustimmen, der haushaltswirksam ist“, sagte Fraktionschef Friedrich Merz (CDU). Es gebe weder einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2024 noch einen Haushalt für das Jahr 2025. „Damit verbieten sich Beschlussfassungen, die haushaltswirksam sind.“ Das betreffe sämtliche Beschlüsse, die von der Minderheitsregierung vorgetragen würden.
Vorratsdatenspeicherung: Selbst einbringen will die Union unter anderem ein Gesetz zur Einführung einer Mindestspeicherung von IP-Adressen, das im Zusammenhang mit der hessischen Bundesratsinitiative zu dem Thema voraussichtlich am Donnerstag debattiert wird (SZ Dossier berichtete). Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sei laut Merz eingeladen worden, im Plenum dazu zu sprechen.
Schwarz und Grün flirten: Grünen-Chefin Franziska Brantner hatte am Wochenende im Konflikt mit Russland eine größere Nähe zu Merz als zu Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) signalisiert. Auf die Frage, mit wem er nach einer erfolgreichen Bundestagswahl besser zusammenarbeiten könnte, sagte Merz der Bild: „In der Außen- und Sicherheitspolitik gibt es sicher mit den Grünen mehr Gemeinsamkeiten als mit der SPD.“ Ganz anders sehe es aber bei der Wirtschaftspolitik aus.
Die Suche nach dem kleinsten Partner: Der Vorsitzende der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, sagte gestern, Schwarz-Grün sei „keine Option“ und „nicht vorstellbar“. Die Union, sagte Dobrindt, führe aber keine Debatte über Koalitionspartner, sondern darüber, dass sie eine Regierung führen wolle – mit einem „möglichst kleinen Partner“. Scholz gehe in der Frage nach Krieg und Frieden einen Weg, den Dobrindt für „absolut unseriös“ halte. Er bringe Unsicherheit in die Bevölkerung, bediene im Glauben an einen politischen Vorteil Putins Narrativ. „Das finde ich an der Grenze des Schäbigen.“
Liberale Lebenszeichen: Die FDP-Fraktion will die noch von der Ampel geplante Reform der privaten Altersvorsorge zur Abstimmung stellen, kündigte ihr PGF Johannes Vogel an. Ein Kernpunkt ist die Einführung eines Altersvorsorgedepots, das auch aktienbasierte Kapitalanlagen einschließen soll. Heute soll dazu die erste Beratung stattfinden. Ebenfalls geplant und voraussichtlich am Freitag im Plenum ist ein Antrag zur Ukrainepolitik und für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an Kyiv – er wäre vor allem ein politisches Signal, da der Bundestag nicht über derlei Lieferungen entscheiden kann.