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Tiefgang

Deutschland-Stack soll bis 2028 bereitstehen

Ohne große öffentliche Aufmerksamkeit hat das neue Bundesdigitalministerium vergangene Woche den Auftakt für eines seiner zentralen Vorhaben gemacht: den Deutschland-Stack, kurz D-Stack. Mehr als hundert Mitarbeitende aus den künftigen Abteilungen des Ressorts kamen dazu am Dienstag zusammen. Ein Sprecher des BMDS bestätigte Informationen von SZ Dossier und nannte erstmals ein konkretes Ziel: Bis 2028 soll der D-Stack stehen.

Der Aufbaustab III („Tech Stack“) stellte laut Beteiligten einen ersten Zwischenstand und Konzepte vor. Geleitet wird er von Martin von Simson, der formal noch im Bundesinnenministerium angestellt ist und dort die Abteilung Digitale Gesellschaft und Informationstechnik leitete, die ins neue Ressort wechselt. Die Teilaufbaustäbe orientieren sich an den künftigen Zuständigkeiten: Im BMDS könnte also eine Tech-Stack-Abteilung entstehen, die von Simson leitet. Das Organigramm soll diesen Monat fertig werden und Klarheit bringen.

Der D-Stack hört sich zwar modern und neu an, verfolgt aber eigentlich ein altes Ziel: Schluss mit dem Flickenteppich unterschiedlichster Technik und Software in der Verwaltung. Das Ganze ist ein Zielbild für ein technisches Schichtenmodell. Die Schichten setzen sich aus einzelnen Elementen und Blöcken zusammen, die erstmals bundesweit ineinandergreifen sollen. Das Gesamtsystem soll zudem interoperabel mit anderen EU-Systemen sein und für die Wirtschaft zugänglich werden. Ein Megaprojekt also, das mehrere Baustellen zugleich angeht.

Von Simson habe den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Ziele des Deutschland-Stack und die ersten sogenannten Missionen vorgestellt, sagte der Sprecher des BMDS. Demnach war Personal aus den Aufgabenbereichen IT-Architektur, Rechenzentren, Cloud, Netze, Sicherheit, Applikationen und IT-Einkauf mit dabei.

Aus dem nachgelagerten Bereich des Bundes nahmen Vertreter des ITZBund, des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS), des Bundesverwaltungsamts (BVA), des Digitalservice und des Zentrums für digitale Souveränität (Zendis) teil. Einziger Akteur ohne reinen Bundeshintergrund war die Bund-Länder-Anstalt Föderale IT-Kooperation (Fitko).

Die Länder und die Privatwirtschaft blieben bei dem Treffen außen vor. Das kam besonders in manchen Ländern nicht gut an. Denn bei dem Vorhaben geht es um viel Geld. Bezahlt werden soll es vor allem aus dem Sondervermögen Infrastruktur. Der Bund hat den Ländern bisher wenig Einblicke in den D-Stack gewährt.

Bei der Klausur des Bund-Länder-Gremiums IT-Planungsrats stellte eine Bundesvertreterin kürzlich lediglich vage Ideen vor (SZ Dossier berichtete). Gestern trafen sich die Abteilungsleiter von Bund und Ländern, um die kommende Sitzung des IT-Planungsrats Ende Juni vorzubereiten.

Der D-Stack werde aus einer einheitlichen IT-Infrastruktur mit Basiskomponenten wie Cloud- und IT-Diensten, Fachplattformen sowie klar definierten Schnittstellen mit Fokus auf IT- und Cybersicherheit bestehen, sagte der Sprecher des Ressorts. Er soll sowohl für Bund und Länder als auch für die Kommunen bereitstehen und zur bundesweiten Verwaltungsinfrastruktur werden. Da bestehende Strukturen so konsolidiert und Standards gesetzt werden könnten, würden sowohl Ressourcen gespart als auch die Anwendungen verbessert.

Einige Bausteine sind gesetzt. Die Wallet etwa, die jeder EU-Staat bis Ende 2026 anbieten muss und die in Deutschland derzeit von der Bundesagentur für Sprunginnovationen (Sprind) entwickelt wird. In ihr können künftig Ausweise, Nachweise und Dokumente abgelegt werden, die Bürgerinnen und Bürger nach Bedarf mit Behörden oder privatwirtschaftlichen Akteuren teilen. Eine erste Version der Anwendung soll bis Ende dieses Jahres stehen.

Gesucht wird allerdings noch eine Plattform, die bundesweit anschlussfähig ist und von den Ländern akzeptiert wird. Wie SZ Dossier berichtete, bevorzugt der Bund hier wohl die sogenannte Wasserstoffplattform. Hier geht es um eine KI-gestützte Plattform zur beschleunigten Planung des Wasserstoff-Kernnetzes, wie das Bundeswirtschaftsministerium das Vorhaben im vergangenen Dezember ankündigte. Die Idee: Sie sollte für alle Genehmigungsprozesse genutzt werden, nicht nur in diesem engen Bereich.

Aus Kreisen des Govtech Campus Deutschland, der an dem Projekt beteiligt ist, heißt es, dass zeitnah eine Ausschreibung für eine zugehörige Cloudinfrastruktur veröffentlicht wird, auf der die Komponenten der Plattform laufen können. Neben der Wallet und der H2-Plattform nannte der Sprecher des BMDS das KI-Portal des Bundes (Kipitz) und das National-Once-Only-Technical-System (Noots). Letzteres soll zur „Datenautobahn“ von Bund und Ländern werden und erstmals einen ebenen- und behördenübergreifenden Datenaustausch ermöglichen.

Ein Staatsvertrag zum Thema muss von allen Landesparlamenten und dem Bundestag beschlossen werden. Das Bundeskabinett nickte den Entwurf vergangene Woche ab. Nach Informationen von SZ Dossier soll nun zudem ein Zielbild für eine Digitalagentur des Bundes entworfen werden, die künftig eine zentrale Rolle beim Deutschland-Stack und anderen Digitalprojekten spielen wird. Ob für diese Einheit andere Stellen aus dem nachgelagerten Bereich miteinander verschmelzen oder eine Holding steuernd über sie gelegt wird, ist eine der offenen Fragen.


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