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Briefing

Platz der Republik,

Große Zahlen, große Bühne

Guten Morgen. Der internationale Druck auf Israel wächst. In einer ungewöhnlich scharfen Erklärung fordern 25 Staaten, angeführt von Großbritannien, ein sofortiges Ende des Kriegs im Gazastreifen. Neben europäischen Staaten wie Frankreich, Italien und Dänemark gehören auch Kanada, Australien, Japan und Südkorea zu den Unterzeichnern.

Ihre Botschaft ist deutlich: Das Vorgehen der israelischen Regierung gefährde nicht nur das Leben unzähliger Zivilistinnen und Zivilisten, sondern auch die Stabilität der gesamten Region, heißt es. Die Einschränkung humanitärer Hilfe sei „gefährlich“, „schüre Instabilität“ und „beraube die Menschen im Gazastreifen ihrer Würde“. Israel selbst weist solche Vorwürfe regelmäßig zurück, verweist auf Sicherheitsbedenken. Unterzeichnet wurde die Erklärung auch von der EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe.

Deutschland hingegen fehlt. Außenminister Johann Wadephul (CDU) äußerte sich lediglich auf X: Er habe mit seinem israelischen Amtskollegen Gideon Saar telefoniert und seine „größte Sorge über die katastrophale humanitäre Lage“ in Gaza ausgedrückt. „Das ist so nicht akzeptabel, wie die israelische Armee dort vorgeht“, sagte auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Abend. Er erneuerte seinen Aufruf, „jetzt wirklich der Zivilbevölkerung im Gazastreifen die notwendige humanitäre Hilfe zukommen zu lassen“.

Willkommen am Platz der Republik.

1.

631 Milliarden Euro. So viel wollen 61 Großunternehmen in den kommenden drei Jahren in Deutschland investieren. Das verkündeten sie beim Investitionsgipfel im Kanzleramt, an dem auch Kanzler Friedrich Merz (CDU), Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) teilnahmen. Ihr Ziel: ein Signal gegen Investitionsflaute und Wachstumsskepsis. Doch der Großteil der Summe war laut Unternehmen ohnehin eingeplant. Nur rund 100 Milliarden Euro gelten als echte Neuinvestitionen.

Der Hintergrund: Initiiert wurde die Aktion unter dem Titel „Made for Germany“ von Siemens-Chef Roland Busch, Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing, Springer-CEO Mathias Döpfner und PR-Berater Alexander Geiser. Viele beteiligte Unternehmen sind oder waren Kunden von Geisers Agentur FGS Global, berichten die Kolleginnen und Kollegen in der SZ. In Branchenkreisen habe es daher Kritik gegeben an dem Termin als „PR-Show“.

Für Friedrich Merz kam er hingegen politisch gelegen. Nach der gescheiterten Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf ans Bundesverfassungsgericht sollte der Gipfel Tatkraft und Einigkeit demonstrieren. Merz sprach von einem „kraftvollen Signal“ und einem „Stimmungswechsel“.

Ökonomen sind gespalten. Clemens Fuest (Ifo-Institut) lobte die Initiative, forderte aber strukturelle Reformen: weniger Bürokratie, ein funktionierendes Energiesystem, gezielte Staatsausgaben. Sein Fazit: „Es bleibt noch viel zu tun, bevor ein dauerhafter Aufschwung in Sicht ist.“ Stefan Kooths (IfW Kiel) sah dagegen kaum realwirtschaftlichen Effekt: Die Investitionsversprechen seien vage und nicht überprüfbar. „Die ‚zugesagten‘ Mittel dürften unabhängig von der ‚Made for Germany‘-Initiative ohnehin investiert werden“, sagte Kooths.

Kritik kommt auch aus der FDP. Parteichef Christian Dürr bemängelte, dass Mittelstand, Gewerkschaften und Verbände außen vor blieben. Er sprach von „wirtschaftspolitischer Kurzsichtigkeit“. Gerade kleine und mittlere Unternehmen trügen den Standort Deutschland, nicht allein die Konzerne. Der Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie verweist zudem auf 60 000 verlorene Industriearbeitsplätze allein in diesem Jahr und auf weitere geplante Jobstreichungen, etwa im Automobilsektor.

2.

Mit dem neuen Wehrdienstgesetz will die Bundesregierung auf eine veränderte sicherheitspolitische Lage reagieren. Dabei rüstet sie sich auch für ein Comeback der Wehrpflicht, sollte das Kabinett diese einführen und der Bundestag zustimmen. Was bislang weniger im Fokus steht: Auch der Zivildienst müsste dann wieder eine Rolle spielen, wenn junge Männer künftig zum Grundwehrdienst verpflichtet werden.

Recht auf Kriegsdienstverweigerung: Konkret sieht der Referentenentwurf des Verteidigungsministeriums vor, dass anerkannte Kriegsdienstverweigerer (KDV) künftig wieder einen Zivildienst außerhalb der Bundeswehr leisten müssen. Entweder im Spannungs- oder Verteidigungsfall oder bereits vorher, wenn der Bundestag einer entsprechenden Rechtsverordnung zustimmt. Die rechtliche Grundlage dafür ist im Grundgesetz verankert, wonach niemand „gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden“ darf. Mit dem Zusatz: „Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“

Pflicht zum Zivildienst: Genau dieses „Nähere“ soll nun im Entwurf angepasst werden. Im Kriegsdienstverweigerungsgesetz soll es künftig heißen, dass Wehrpflichtige, die als Kriegsdienstverweigerer anerkannt sind, bei einer Reaktivierung der Wehrpflicht verpflichtet sind, stattdessen Zivildienst zu leisten. Dabei handelt es sich nicht um eine Option, sondern um einen laut Grundgesetz verpflichtenden Ersatzdienst.

Problematisch daran: Die Zivildienstinfrastruktur existiert seit 2011 nicht mehr. Seit der damaligen Aussetzung der Wehrpflicht wurde der Zivildienst durch den Bundesfreiwilligendienst ersetzt. Ein Angebot also, das explizit auf Freiwilligkeit beruht und organisatorisch anders aufgebaut ist. Der jetzige Entwurf aus dem BMVg nennt noch keine konkreten Maßnahmen zum Wiederaufbau einer funktionierenden Zivildienststruktur. Zuständig für den Zivildienst wäre ohnehin nicht das Haus von Boris Pistorius (SPD), sondern das Familienministerium von Karin Prien (CDU).

Handlungsbedarf: Der Fokus des Entwurfs liegt deshalb klar auf der militärischen Seite; etwa beim Aufbau von Erfassungsbehörden, bei der Einführung einer verpflichtenden „Bereitschaftserklärung“ für junge Männer ab Jahrgang 2008 oder bei der vorgesehenen Wiedereinführung der Musterung ab 2028. Doch für den zumindest theoretischen Fall, dass verpflichtende Einberufungen kommen, müssen auch Alternativen für KDV-Fälle bereitstehen. Hierzu muss sich die Regierung noch einigen: Ansonsten würde das Grundrecht auf Gewissensfreiheit faktisch ausgehebelt.

3.

Der Ökonom Andreas Peichl vom Ifo-Institut in München beschäftigt sich seit Jahren mit dem deutschen Sozialstaat. Nun hat er in einem Gutachten vorgerechnet, welche Reformen des Bürgergeldes welche Auswirkungen hätten. Und der Plan des Kanzlers, die Ausgaben für Bürgergeld im Bundeshaushalt – mehr als 50 Milliarden Euro – deutlich zu reduzieren, könnte ihm zufolge problematisch werden.

Mehr arbeiten lohnt sich nicht: Zunächst ist Peichl wie Merz zwar ebenfalls der Meinung, dass Deutschlands Sozialstaat ein „Sanierungsfall“ sei. Aber: „Das größte Problem am Sozialstaat: Es lohnt sich in vielen Fällen nicht, mehr zu arbeiten“, sagte Peichl im SZ-Interview Bastian Brinkmann und Roland Preuß. Dass nur ein Fünftel der Bürgergeldbezieher arbeite, hänge auch damit zusammen, dass die Anreize fehlten.

Keine richtig gute Lösung in Sicht: Der Ökonom hat mehr als 60 Varianten für die Reform des Bürgergeldes durchgerechnet. Sein Fazit: „Es gibt keine Reform, die alle vier Ziele erreicht. Wir haben leider immer Zielkonflikte.“

Was also tun? Peichl kommt zu dem Schluss, dass eine geschickte Reform die Zahl der Transferempfänger reduzieren könnte. Man soll dafür das Wohngeld und den Kinderzuschlag als getrennte Leistungen abschaffen und in das Bürgergeld oder in die neue Grundsicherung integrieren, wie er vorschlägt. „Wir wollen das Existenzminimum und den Wohnbedarf der Menschen sichern. Im Prinzip kann man dies mit einer Leistung abdecken, von einer Behörde, für Eltern und auch für Kinder.“ Es brauche Leistungen aus einem Guss.

Der Smart-Meter-Rollout in Deutschland geht nur langsam voran. Das zeigen Zahlen der Bundesnetzagentur (BNetzA) zum Stichtag 31. März. Seit Anfang des Jahres gilt für Haushalte ab einem Jahresverbrauch von 6000 Kilowattstunden eine Einbaupflicht für intelligente Messsysteme. Bis Ende 2025 müssen die grundzuständigen Messstellenbetreiber 20 Prozent davon eingebaut haben.

Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, wie eine Datenauswertung von SZ Dossier ergibt. Demnach haben 264 der 851 grundzuständigen Messstellenbetreiber eine Quote von null Prozent gemeldet. Eine Umfrage von SZ Dossier unter einigen grundzuständigen Messstellenbetreibern zeigt, woran der Rollout im Kleinen scheitert: am schlechten Mobilfunknetz in Kellern, an langen Lieferzeiten und fehlender Hardware.

Nur wenige haben das 20-Prozent-Ziel schon erreicht

Insgesamt sind erst 15,1 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher, bei denen der Einbau von Smart Metern vorgeschrieben ist, versorgt. Ende 2024 lag der Anteil bei 13,9 Prozent. Bis 2032 sollen deutschlandweit 90 Prozent mit einem Smart Meter ausgestattet sein – ein Wert, den viele europäische Nachbarländer längst erreicht haben.

Die Zahlen der BNetzA bereiten auch dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) Sorgen. Smart Meter sind schließlich essenziell für die Energiewende. Ein BMWE-Sprecher verweist auf Anfrage auf den Koalitionsvertrag, demzufolge die Regierung den Rollout beschleunigen und vereinfachen will – „ohne Abstriche bei der Cybersicherheit oder der Interoperabilität“. Zeitnah werde man hierzu Vorschläge präsentieren. 

Größere Betreiber haben bessere Quoten

Während größere Messstellenbetreiber die 20 Prozent im Schnitt schon erfüllen, stellt der Rollout kleinere vor Probleme.

Zum Beispiel die Stadtwerke im baden-württembergischen Crailsheim, die gerundet bei null Prozent stehen. Fünf Smart Meter seien bisher verbaut, 300 müssen es bis Ende des Jahres sein.

Die zur Steuerung nötigen Geräte (Lastschaltboxen) seien zudem noch nicht in ausreichender Menge lieferbar, sagte Günter Kochendörfer, der den Fachbereich Mess- und Zählerwesen in Crailsheim leitet. „Das bedeutet für uns, dass wir zweimal zum Kunden fahren müssen: einmal zum Einbau der Smart Meter und ein zweites Mal zum Einbau der Steuerung.“

Wenn dann noch schlechter Empfang bei der Installation sei, zum Teil auch ein drittes Mal – denn um das Gateway in Betrieb zu nehmen, braucht es eine stabile Internetverbindung.

Ein Systemwechsel beim Smart-Meter-Gateway-Administrator, der den Rollout für die Stadtwerke plant, habe den Einbau zusätzlich verzögert. „Wir können die Smart Meter aktuell noch nicht abrechnen“, so Kochendörfer. Erst müssten die Daten auf das neue System übertragen werden.

Und auch die Kundinnen und Kunden können zum Problem werden: „Viele sagen: Für was brauche ich Smart Meter überhaupt? Der normale Zähler hat es doch auch getan.“ Kochendörfer versucht dann zu überzeugen, was aber eigentlich Aufgabe der Politik sei.

Die Stadtwerke Schlitz, die auch bei null Prozent liegen, nennen ebenfalls lange Lieferzeiten und Hardwaremangel als Problem beim Ausbau. „Die erste Hardware-Charge trifft laut Lieferplan im Juli oder August 2025 ein“, sagte ein Sprecher. Der Markt sei ausgelastet, weil nur wenige Gateway-Hersteller vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert seien. Den Rollout schaffe man trotzdem, glaubt er.

„Seit Anfang des Jahres dauert es deutlich länger, bis wir die Gateways bekommen, da die Nachfrage sehr gestiegen ist“, sagte auch Oliver Werner von den Stadtwerken Freudenstadt, eigentlich ein Positivbeispiel. Ende vergangenen Jahres hatten die Stadtwerke lediglich 50 Smart Meter verbaut, mittlerweile sind sie bei 200 Smart Metern. Zum Stichtag 31. März hatten sie schon fast die Hälfte ihrer Pflichteinbaufälle versorgt.

Die Top 10

Bei den Stadtwerken Freudenstadt zeigt sich, wie sehr der Ausbau auch an den personellen Ressourcen liegt. Sie gehören mittlerweile zu den zehn besten Betreibern in der Statistik. Auch, weil sich ein neuer Mitarbeiter nun ausschließlich um den Einbau kümmert. „Wenn es gut läuft, schafft ein Mitarbeiter sieben Installationen am Tag“, sagte Werner. Bei 700 Pflichteinbauten sei er damit hochgerechnet das ganze Jahr beschäftigt.

Fast ausnahmslos wünschen sich die befragten Messstellenbetreiber eine Reduzierung des personellen und finanziellen Aufwands sowie der komplexen Regulatorik. Weniger Bürokratie und mehr Flexibilität sind die Stichworte in den Gesprächen mit SZ Dossier. Die Stadtwerke Bayreuth zum Beispiel unterstützen die Initiative „Simplify Smart Metering“.

Selbst die Spitzenreiter unter den Messstellenbetreibern beklagen sich über die gesetzlichen Vorgaben. Von „Regelungen und Technik, die nicht überzeugen“ spricht Frank Nickel, Geschäftsführer der Netze Bad Langensalza (90,67 Prozent). „In unserem Land wird die Regulatorik gerne auf die Spitze getrieben und das macht vieles schwerer“, sagte Olaf Beck, Geschäftsführer der Stadtwerke Lübz. Seine Stadtwerke liegen bei 100 Prozent, allerdings betrifft das nur 22 Messlokationen.

Insgesamt gab es im ersten Quartal 2024 keine großen Sprünge, 233 Betreiber konnten ihre Quote gar nicht verbessern. Das zeigt, dass es für viele grundzuständige Messstellenbetreiber eng wird, die 20 Prozent bis Ende des Jahres zu erreichen. Wie soll das noch klappen mit dem Pflichteinbau?

Zum Beispiel mithilfe der wettbewerblichen Messstellenbetreiber, die den Rollout ebenfalls vorantreiben. Im Gegensatz zu den Grundzuständigen sind sie dazu aber nicht gesetzlich verpflichtet. Ihre Situation zu verbessern, fordert unter anderem der Bundesverband der Neuen Energiewirtschaft.

Die BNetzA und das Bundeswirtschaftsministerium sehen mehr Kooperation der grundzuständigen und wettbewerblichen Messstellenbetreiber als Lösung. Erstere sollten stärker mit anderen Messstellenbetreibern kooperieren, so der Wunsch.

Konkret müsste der Gesetzgeber dafür aber einen Rahmen schaffen, der es den wettbewerblichen Messstellenbetreibern erlaubt, im Auftrag kleiner grundzuständiger Betreiber Pflichteinbaufälle zu übernehmen, sagte Erwan Taillanter von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft.

Eine Version dieses Textes konnten Abonnentinnen und Abonnenten unseres Dossiers Digitalwende bereits am Donnerstag lesen.

von Helen Bielawa und Bastian Mühling

4.

Berlin und Oslo vertiefen Sicherheitspartnerschaft: Zum Besuch des norwegischen Ministerpräsidenten Jonas Gahr Støre haben beide Regierungen am Montag eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet. Darin kündigen sie unter anderem an, ein bilaterales Verteidigungsabkommen zu schließen, das insbesondere militärische Präsenz, Übungen und Fähigkeiten abstimmen soll.

Besonders im Fokus: Nordatlantik und Nordsee. Dort soll eine „integrierte maritime Partnerschaft“ entstehen, mit koordinierten Manövern, gemeinsamem Lagebild und gegenseitiger Unterstützung beim Schutz maritimer Infrastruktur. Auch im Cyberraum wollen sich die Staaten enger verzahnen – etwa durch neue Kooperationskanäle zwischen Militär, Nachrichtendiensten und Energieversorgern. Beide Länder bekennen sich darüber hinaus zur langfristigen Unterstützung der Ukraine, bilateral und im Rahmen internationaler Formate.

Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf der Energiepolitik. Deutschland will den Import norwegischen Wasserstoffs vorantreiben, Norwegen sieht sich als strategischer Partner beim Umbau der Energieversorgung. Beim Thema CCS – also der Abscheidung und Speicherung von CO₂ – wollen beide Länder Investitionsbedingungen verbessern und grenzüberschreitende Projekte ermöglichen: Als Grundlage dafür ist ein bilaterales Abkommen zur grenzüberschreitenden CO₂-Speicherung geplant.

5.

Nicht das Land der Top-Verdiener: Jede und jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte verdient in Deutschland weniger als 2750 Euro brutto im Monat. Das waren zuletzt rund 4,6 Millionen Menschen, wie eine der dpa vorliegende Antwort der Bundesregierung an den Linken-Abgeordneten Dietmar Bartsch zeigt. 40 Prozent oder 9,2 Millionen liegen unter 3500 Euro.


Armutsrentner von morgen? Für die Betroffenen haben die Löhne im unteren Segment nach Einschätzung von Bartsch harte Folgen. „Eine politische und soziale Unverschämtheit ist es, dass genau diejenigen die Armutsrentner von morgen sein werden“, sagte er.


Hintergrund ist laut der Linken, dass ein Monatsbruttolohn von mehr als rund 3300 Euro – rund 20 Euro pro Stunde – nötig ist, um eine gesetzliche Rente auf dem Niveau der Armutsrisiko-Schwelle zu erhalten. Andere Formen der Altersvorsorge sind hier nicht berücksichtigt.

6.

Ein neuer Dresscode für den Bundestag sorgt für Unruhe. Diesmal geht es nicht um Hoodies, sondern um Anstecker. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) hat das Tragen politischer Pins untersagt. Offizielle Begründung: Der Anstand. Die Hausordnung verlange Kleidung, die der „Würde des Hauses“ entspreche.

Bei den Grünen schrillen die Alarmglocken. Irene Mihalic, parlamentarische Geschäftsführerin, warnt nun in einem Brief an Klöckner vor einem „Kulturkampf“ im Plenarsaal, berichtet der Spiegel. Statt Ruhe ins Parlament zu bringen, provoziere die Direktive Whataboutism-Debatten. Klöckner verteidigte sich zuletzt mit einem Verweis auf die Geschäftsordnung und ließ zu, dass beim Gedenken an das Massaker von Srebrenica Buttons gezeigt werden durften.

Schwammige Regeln: Was erlaubt ist und was nicht, bleibt allerdings schwammig. „Kleinteilige Ansagen und Direktiven wie diese“, heißt es im Schreiben der Grünen, würden „eher einen Kulturkampf triggern, als zu einer Konzentration auf die Debatte mit Rede und Gegenrede führen“.

Wenn man die AfD stark machen will, soll man ruhig solche Interviews stören.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann möchte die AfD lieber inhaltlich bekämpfen

Wenn sich jemand auskennt mit dem Scheitern deutscher Regierungskoalitionen, dann er: Volker Wissing hat sich zur aktuellen Situation von Schwarz-Rot geäußert – und vor einem möglichen Scheitern der Bundesregierung gewarnt. In der Rheinpfalz sagte der frühere Verkehrs- und Justizminister, die aktuelle Regierungskoalition könne wie ihre Vorgängerin an inneren Spannungen zerbrechen.

Immer häufiger würden „extreme Gräben innerhalb von Regierungskoalitionen oder sogar parlamentarischen Fraktionen deutlich, die scheinbar nicht mehr überwunden werden können“, sagte der parteilose Ex-Minister. Die zunehmende Spaltung der Gesellschaft zeige sich auch im Bundestag und innerhalb der Parteien. Die Verantwortung für die gescheiterte Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur Richterin am Bundesverfassungsgericht sowie die verfehlte Mehrheit im ersten Durchgang der Kanzlerwahl sieht Wissing bei bestimmten Abgeordneten, die das Verfahren „parteipolitisch instrumentalisiert“ hätten.

Wissing, der früher selbst als Richter gearbeitet hatte, habe „keinerlei Zweifel, dass sie geeignet ist, dieses Richteramt auszuüben“. Dass selbst staatstragende Parteien wie SPD und Union ihre Fraktionen nicht mehr geschlossen halten könnten, sei ein Zeichen mangelnder Disziplin, betonte Wissing. Nach dem Scheitern der Ampelkoalition war Wissing aus der FDP ausgetreten und als Minister bis zuletzt im Amt geblieben.

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