Heute trifft Bundeskanzler Friedrich Merz zum ersten Mal auf US-Präsident Donald Trump. Die beiden haben bereits mehrfach telefoniert und Handynummern ausgetauscht. Getroffen haben sie sich aber noch nicht, auch wenn sie sich wohl schon beim Vornamen nennen. Es geht also auch um ein persönliches Kennenlernen, um den ersten Eindruck. „Ich brauche keinen Baldrian, um ruhig zu bleiben und mit dem amerikanischen Präsidenten ein vernünftiges Gespräch zu führen“, sagte Merz kürzlich im ZDF. Worauf kommt es im Weißen Haus an?
Der Zeitplan: Der Regierungsflieger ist am späten Mittwochabend gegen 22 Uhr abgehoben. Los mit dem Programm geht es heute um 17:30 Uhr deutscher Zeit. Es gibt zunächst ein gemeinsames Mittagessen und anschließend ein rund einstündiges Gespräch unter vier Augen. Vor dem Gespräch findet ein Pressetermin im Oval Office statt. Trump hatte an der Stelle zuletzt den ein oder anderen Gast zurechtgewiesen. Zudem könnten Merz brisante Fragen von MAGA-Bloggern erwarten, etwa zur AfD oder der angeblich bedrohten Meinungsfreiheit in Deutschland. Die könnten dann wiederum Trump anstacheln. Merz wird im Anschluss auch bei CNN und Fox News interviewt.
In der Union gab man sich zuletzt optimistisch. Der Kanzler darf im Gästehaus des US-Präsidenten nächtigen – eine Ehre, die nicht jedem Staatsgast zuteilwird (Olaf Scholz musste unter Joe Biden ins Hotel). Das Verhältnis zwischen Trump und Merz sei „ein Verhältnis auf Augenhöhe, ein partnerschaftliches, ein freundschaftliches“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann in der Vorbereitung. Hinter den Kulissen aber: Nervosität. Nicht zu provozieren, sich nicht provozieren zu lassen, das lehrt anderer Leute Erfahrung im Oval Office. Merz will Gemeinsamkeiten betonen.
Einen Rat gab es von Johann Wadephul. Der CDU-Außenminister hatte vor einigen Tagen seinen US-amerikanischen Amtskollegen Marco Rubio besucht. Auch in Fragen, in denen es Meinungsverschiedenheiten gebe, könne man zu Einigungen im beiderseitigen Interesse kommen, sagte Wadephul bei einer Veranstaltung in Berlin. Der Schlüssel liege darin, auch als Deutsche und Europäer „unsere eigenen Interessen klar und mit Selbstbewusstsein“ zu artikulieren.
Gemeinsame Prioritäten? Auch Washington könne kein Interesse daran haben – und hier nannte er die entscheidenden Themen – dass Russland den Krieg gegen die Ukraine gewinne, die Nato an Glaubwürdigkeit verliere, Europa weiter durch Russland destabilisiert und bedroht werde sowie China „lachender Dritter eines transatlantischen Handelskonfliktes“ werde. „Das weiß man am Ende auch in Washington“, sagte Wadephul. Die Liste der Themen ist aber lang – und nicht bei jedem werden sich ausschließlich Gemeinsamkeiten finden lassen.
Worauf wir achten: Der Krieg in der Ukraine wird besonders viel Raum einnehmen – dort geht es vor allem um neue Sanktionen gegen Russland, die Trump kritisch sieht. Gestern sagte er nach einem Telefonat mit Putin, er sehe keine Chance auf eine sofortige Lösung. Was die Zukunft der Nato betrifft, hatte Deutschland bereits Bewegung signalisiert (dazu mehr im Tiefgang). Ein weiteres Thema ist die Lage im Gazastreifen: Merz hatte sich zuletzt vom Vorgehen Israels distanziert, ging damit weiter als Trump. Bei den Handelsfragen – hier geht es vor allem um die Zölle – stimmt sich Merz laufend mit der Europäischen Kommission ab.