Wenn sich heute die Ausschüsse des Bundestages konstituieren, werden auch ihre Vorsitzenden gewählt. Das Zugriffsrecht auf diese Posten in den 24 Ausschüssen steht allen Fraktionen eigentlich nach einer mathematischen Formel zu. Vergangene Woche haben sie die jeweiligen Ausschüsse gezogen, nachdem der Bundestag ihre Einsetzung beschlossen hatte. Die AfD hat das Vorschlagsrecht für die Ausschüsse Haushalt, Finanzen, Innen, Recht, Arbeit und Soziales sowie den Petitionsausschuss. Die anderen Fraktionen wollen die AfD-Abgeordneten aber nicht wählen.
Sechs Ausschüsse im Fokus: Früher war es so, dass die Vorsitze im Konsensverfahren bestimmt wurden (mehr dazu hier). Seit der vergangenen Legislaturperiode bestehen die anderen Fraktionen aber in Ausschüssen mit AfD-Vorsitz auf Wahlen. Zuletzt fielen alle Kandidatinnen und Kandidaten durch. Das wird sich diesmal aller Voraussicht nach wiederholen, da Union, SPD, Grüne und Linke bereits angekündigt haben, die AfD-Vorschläge nicht zu unterstützen. Die Union begründet das unter anderem mit dem neuen Gutachten des Verfassungsschutzes.
Keine Eile: Wie Unions-PGF Steffen Bilger gestern vor Journalistinnen und Journalisten betonte, gebe es ein Verfahren, wie es dann weitergehe. Es sei so, dass „der jeweils dienstälteste Abgeordnete dann die Sitzungsleitung übernimmt und damit ist erstmal gewährleistet, dass sich die Ausschüsse dann nicht nur konstituieren können, sondern dass sie auch ihre Arbeit aufnehmen können und im weiteren Verlauf muss man sich nochmal Gedanken drüber machen“, sagte er. Bislang habe man immer gewährleisten können, dass die Sitzungen regulär stattfinden können. Es gebe dann bald ein neues Ziehverfahren, das jedoch noch nicht terminiert sei.
Next steps: Denkbar wäre nach Informationen von SZ Dossier die Sitzung des Ältestenrats am Donnerstag. In dem Fall könnten die stellvertretenden Vorsitzenden in der kommenden Sitzungswoche gewählt werden. Wie Bilger ausführte, sei es gängige Praxis, dass Fraktionen, die den Vorsitz gezogen haben, nicht den stellvertretenden Vorsitz ziehen können. „Gängige Praxis allein überzeugt jetzt vielleicht noch nicht jeden“, warnte Bilger. Dazu gebe es Gespräche mit der SPD. Solange diese Frage nicht geklärt sei, werde der jeweils dienstälteste Abgeordnete die Aufgabe übernehmen, sagte Bilger. Da sei kein AfD-Abgeordneter dabei.
Vorbereitungen laufen: Johannes Fechner, seit gestern Sprecher der SPD-Arbeitsgruppe Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, sagte SZ Dossier dazu, dass derzeit geprüft werde, wie eine Änderung des Abgeordnetengesetzes aussehen könnte. Union und SPD wollen so die Kompetenzen der stellvertretenden Ausschussvorsitzenden ausweiten, für den Fall, dass ein Ausschussvorsitz nicht besetzt ist. Laut Fechner wolle man aber zunächst abwarten, wie die Stellvertreterwahlen ausgehen.
Nachtrag: Die Fraktion der Linkspartei hat Caren Lay als Kandidatin für den Vorsitz im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen und Lorenz Gösta Beutin für den Vorsitz im Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit nominiert. Für die SPD sollen neben Lauterbach und Esken, über die wir bereits berichtet haben, Tanja Machalet (Gesundheit), Aydan Özoğuz (Sport und Ehrenamt) und Macit Karaahmetoğlu (Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung) die Vorsitze übernehmen.