Friedrich Merz hat gestern während des Kleinen Parteitags der CDU seine designierten Ministerinnen und Minister präsentiert. Auch CSU-Chef Markus Söder stellte die Frauen und Männer vor, die künftig im Kabinett sitzen sollen. Damit stehen die Vertreterinnen und Vertreter der Union fest. Ein Überblick.
Die Vogelperspektive: Viele Namen stammen aus der Fraktion, es sind aber auch viele neue Gesichter dabei. Kaum jemand hat Erfahrung in der Exekutive, dafür kommen zwei Personen aus der Wirtschaft. Auch der Länderproporz ist nicht berücksichtigt: Niedersachsen etwa fehlt in der ersten Reihe, genauso wie Merz' Landesverband Nordrhein-Westfalen. Der Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels Dennis Radtke sagte der SZ, er finde es „befremdlich und falsch, dass kein Vertreter der christlich-sozialen Wurzel unserer Partei Teil des Kabinetts ist – das hat es von Adenauer bis Merkel nie gegeben“.
Mit Thorsten Frei (CDU) holt sich Friedrich Merz einen absoluten Vertrauten ins Kanzleramt. Merz verzichtet damit aber darauf, den Posten des ChefBK mit einer Person zu besetzen, die das mitbringt, was ihm selbst fehlt: Regierungserfahrung. Frei war zwar Oberbürgermeister der Stadt Donaueschingen, ein Ministerium hat er aber noch nicht geleitet. Anfang der 2000er-Jahre war er Regierungsrat im Staatsministerium Baden-Württemberg. Gespannt darf man darauf sein, wie Frei sein Amt interpretieren wird – und ob er eine öffentliche Rolle als Merz-Erklärer einnehmen wird wie einst Peter Altmaier zu Merkel-Zeiten. Michael Meister (CDU) soll als Staatsminister im Kanzleramt die Bund-Länder-Beziehungen koordinieren, Christiane Schenderlein (CDU) wird Staatsministerin für Sport und Ehrenamt.
Johann Wadephul (CDU) wird Außenminister. Er war in der Unionsfraktion lange für Auswärtiges und Verteidigung zuständig und in dieser Funktion bereits mit Merz auf Reisen. Bei konkreten Schritten flüchtet er sich bislang schnell ins Ungefähre, berichtet unser Dossier Geoökonomie, etwa beim Taurus oder dem Umgang mit Trump und China. Fest steht aber: Die Differenzen zwischen AA und Kanzleramt dürften ein Ende haben, in beiden Häusern entscheidet künftig die CDU – erstmals seit den 1960er-Jahren. Wadephul will „mit viel Realismus“ an das transatlantische Verhältnis herangehen. Den von Frankreichs Präsident Macron geprägten Ansatz der europäischen Souveränität will er in seiner Arbeit übernehmen. Gunther Krichbaum wird Europa-Staatsminister, Serap Güler (CDU) und Florian Hahn (CSU) Staatsminister.
Katherina Reiche (CDU) ist seit zehn Jahren nicht mehr im Bundestag, sondern als Managerin unterwegs. Nun holt Merz sie als Wirtschaftsministerin in die Politik zurück – wohl auch wegen ihrer Erfahrung mit dem wichtigen Thema Energie. Reiche ist Vorstandschefin der E.on-Tochter Westenergie und Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates, einem überparteilichen Expertengremium der Bundesregierung. Die Diplom-Chemikerin war 1998 in den Bundestag eingezogen und insgesamt sieben Jahre Parlamentarische Staatssekretärin – erst im Umwelt-, dann im Verkehrsministerium. Reiche ist in Brandenburg geboren, lebt allerdings seit Jahren in NRW. Gitta Connemann wird Parlamentarische Staatssekretärin und Mittelstandsbeauftragte, Stefan Rouenhoff wird Parlamentarischer Staatssekretär.
In Berlin wurde lange gemunkelt, dass Alexander Dobrindt (CSU) als Landesgruppenchef voll in seinem Element sei – und ein Wechsel ins Kabinett daher nicht infrage komme. Nun wird der erfahrene Bayer das Innenressort übernehmen und damit ein Kernthema von Union und CSU besetzen. Darüber hinaus wird er Sprecher der CSU-Minister sein und mit Söder im Koalitionsausschuss sitzen. Der studierte Soziologe wurde insbesondere in den Koalitionsverhandlungen zur Schlüsselfigur, indem er Brücken zur SPD baute. Dobrindt war zwischen 2013 und 2017 Verkehrsminister und gehört seit 2002 dem Bundestag an. Gestern kündigte er an, in der Migrationspolitik direkt Nägel mit Köpfen machen zu wollen, etwa mit mehr Zurückweisungen: Es wird das für ihn entscheidende Thema sein. Christoph de Vries (CDU) und Daniela Ludwig (CSU) sollen Parlamentarische Staatsekretäre werden.