Der Spätsommer ist in der deutschen Politik neuerdings eine sagenumwobene Jahreszeit. CDU und CSU haben sich bekanntlich vorgenommen, im Spätsommer dieses Jahres die K-Frage einer möglichst friedlichen Lösung zuzuführen. Ungeklärt ist weiterhin, wie sich dieses Zeitfenster genau definiert. CDU-Chef Friedrich Merz hat kürzlich die Lesart angeboten, dass der Spätsommer im September beginne und „irgendwann im Oktober“ ende. SZ Dossier hat eine andere Theorie: Der Spätsommer beginnt exakt an diesem Sonntag um 18 Uhr, wenn die ARD ihr Sommerinterview mit CSU-Chef Markus Söder ausstrahlt.
Söder is back: Nicht, dass Söder den Kollegen Merz, dem er zwischenzeitlich den Status des „Favoriten“ auf die Kanzlerkandidatur der Union zugebilligt hatte, nun direkt herausfordern würde. Aber der Auftritt bei der ARD markiert die Rückkehr des Urlaubers Söder in die politische Arena. Die einzigen Debatten, die er vor seiner Grünen-kritischen Intervention am Donnerstag angestoßen hatte, waren ästhetische; es ging erstens um seinen ungezügelten Bartwuchs und zweitens um altersgerechte Bademode.
Viele Bühnen: Jetzt, heißt es in CSU-Kreisen, stehe eine Woche bevor, in der Söder gleich mehrere Gelegenheiten habe, einem größeren Publikum vorzuführen, warum seine persönlichen Zustimmungswerte deutlich besser sind als die von Friedrich Merz. Dem Sommerinterview folgt Wahlkampfhilfe für die CDU in Sachsen am Montag (mit Merz an der Seite) und in Thüringen am Freitag. Und am 2. September, also am Morgen nach den Landtagswahlen, hat Söder beim – zumindest in Bayern weltberühmten – Volksfest Gillamoos in Abensberg eine besonders hübsche Bühne für seine ganz persönliche Wahlanalyse.
K-Frage offen: Strategisch geneigte CSU-Leute wissen, dass Söders Chance auf die Kandidatur eher gering ist. Und sie wissen auch, dass sich die Union eine Neuauflage des Laschet-Söder-Dramas von 2021 nicht leisten kann. Dennoch halten sie die K-Frage für „mehr denn je offen“. Denn an der grundsätzlichen Ambition des Parteichefs zweifelt kaum mehr jemand in der CSU. Anfang August hat Söder im SZ-Interview gesagt: „Es bleibt dabei: Kanzler oder Ministerpräsident.“ Recht viel transparenter, heißt es in der CSU, könne man seine Karriereplanung doch wirklich nicht machen. Übrigens: Den Grünen-Fan Hendrik Wüst haben sie in der CSU nicht mehr auf der K-Rechnung.