Im ARD-Sommerinterview hat der Kanzler nicht ausgeschlossen, aufgrund des russischen Angriffskriegs erneut eine Notlage für den Haushalt zu erklären. Die Unterstützung der Ukraine sei eine „Herausforderung für den Haushalt“, sagte er, rund sieben Milliarden Euro habe die Bundesregierung für Waffenlieferungen ausgegeben, weitere sieben Milliarden Euro für Ukrainerinnen und Ukrainer im Land. Doch der „bequeme Ausweg“ dürfe die Notlagenerklärung nicht sein, sagte Scholz, erst einmal gehe es darum, mit „allen Mitteln“ einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen: Hü, hott, Hintertür.
Bequem wird es eh nicht mehr: Finanzminister Christian Lindner (FDP) lehnt eine erneute Notlagenerklärung ab, das weiß Scholz. Doch seine Partei, deren Herz linker schlägt als das des Kanzlers, droht mit einem Mitgliederentscheid. Eine „Geisterfahrt“ sei ein „Sparhaushalt“, und zwar in „ökonomischer, ökologischer und demokratischer Hinsicht“, finden die Vorsitzenden des „Forums Demokratische Linke“ (DL21) der Partei. Am Wochenende haben die Chefs Erik von Malottki und Jan Dieren sowie die Geschäftsführerin Myriam Riedel ein Mitgliederbegehren beim SPD-Parteivorstand eingereicht. Sie lehnen Kürzungen in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie, Bildung, Demokratie und Entwicklungszusammenarbeit ab. Zuerst hatten Spiegel und dpa darüber berichtet.
Wie hoch sind die Hürden? Rund 4000 Unterstützerinnen und Unterstützer aus zehn Unterbezirken aus mindestens drei Bundesländern müssen die Initiatoren gewinnen, um das Mitgliederbegehren einzuleiten. Das dürfte weniger schwierig sein als der nächste Schritt. Zustande kommt das Mitgliederbegehren laut SPD-Satzung nämlich nur, wenn innerhalb einer Dreimonatsfrist 20 Prozent der Mitglieder das Vorhaben unterstützen. Das wären rund 76.000.
Mögliche Konsequenzen: Dann müsste die Partei die Beschlüsse entweder mittragen oder einen Mitgliederentscheid darüber durchführen. Zeitlich also sollte ein Kabinettsbeschluss zum Haushalt vorliegen, bevor es zu einem Mitgliederentscheid käme. Durchs Parlament wäre der Haushalt dann aber möglicherweise noch nicht.