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Tiefgang

Neuer Ärger um AfD-Politiker Helferich

Die AfD hat erneut Ärger. Im Mittelpunkt steht einer ihrer umstrittensten Politiker, der Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich. Einige aus den Reihen der Partei erhöhen nun den Druck auf ihn. Anlass ist ein Bericht des Spiegels, der Dokumente aus den Jahren von 2014 bis 2016 – aus Helferichs Zeit bei der Bonner Burschenschaft Frankonia, auswerten konnte. Sie geben möglicherweise Aufschluss darüber, wie rechtsextrem Helferich ist. Und stellen die Parteiführung erneut vor die Frage, was sie zulassen will und was sie überhaupt im Stande ist zu tun.

Den Aufschlag machte Helferichs Landesverband Nordrhein-Westfalen. Der dortige Landesvorstand hat sich mit dem Bericht des Spiegels befasst und Helferich am Montag ein Schreiben geschickt. Es liegt SZ Dossier vor. Zuerst hatte die Welt darüber berichtet.

In dem Schreiben fordert der Landesvorstand Helferich auf, den Spiegel wegen des Berichts abzumahnen und „eine strafbewehrte Unterlassungserklärung in Verbindung mit einer Richtigstellung der Angelegenheit an prominenter Stelle des Portals einzufordern und ggf. in der Sache eine gerichtliche Klärung herbeizuführen (einstweilige Verfügung)“. Für die Abmahnung setzt der Landesvorstand Helferich eine Frist bis zum kommenden Montag, für den Antrag auf einstweilige Verfügung („bei Ausbleiben der Unterlassungserklärung“) hat Helferich demnach bis zum 10. Juni Zeit.

Worum es geht: Unter anderem soll Helferich, so berichtet der Spiegel, in einer Mail einem „Bundesbruder“ – so redet man unter Burschenschaftern – ein Buch empfohlen haben, „welches schon Goebbels anleitete“. In einer anderen dies: „Du hast noch meine gesamte Rassenkunde-Literatur, du jüdischer Langfinger.“ Die Mail habe mit „Heilchen“ begonnen und sei mit „Matthias“ unterzeichnet gewesen. Auch Gewaltfantasien finden sich in dem Konvolut. Etwa diese: „Advent, Advent, ein Asylantenheim brennt. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann steht der Helferich vor der Reichstagstür. Und wenn das Fünfte brennt, hast du die Revolution verpennt!“

Dem Spiegel teilte Helferich mit, die Mailauszüge seien ihm nicht bekannt, er habe sie nicht verfasst oder versendet. Der Mailaccount eines „Bundesbruders“ sei gehackt worden und er schließe nicht aus, dass die, die das getan haben, „auch Mailkorrespondenzen manipuliert haben“.

Sollte sich Helferich gegen den Bericht nicht juristisch zur Wehr setzen, gehe der Landesvorstand NRW davon aus, dass er erwarte, die Journalisten könnten ihren Text mit „als echt verifizierbaren Dokumenten unterfüttern“, heißt es in dem Schreiben des Landesvorstandes. In diesem Fall werde der Landesvorstand die Unterlagen dem Parteiausschlussverfahren gegen Helferich hinzufügen.

Momentan sieht es aber nicht so aus, als wollte Helferich tun, was von ihm erwartet wird. Er sei weder rechtlich noch moralisch verpflichtet, ein Verfahren gegen den Spiegel anzustrengen, sagte er der Welt.

In NRW geht man derweil aufgrund der „erdrückenden Beweislage“ davon aus, dass das Schiedsgericht Helferich aus der Partei ausschließen werde, sagte ein Sprecher des Landesverbandes.

Dass Helferich selbst in der AfD besonders weit rechts steht, ist bekannt. In der vergangenen Wahlperiode war er nicht Teil der Bundestagsfraktion seiner Partei. Dieses Mal sah die Fraktion allerdings keine Probleme, ihn aufzunehmen, auch nicht damit, dass er im Ausschuss für Kultur und Medien sitzt.

In der AfD wächst der Unmut über Helferich aber auch, weil die jüngsten Veröffentlichungen im Ausland registriert worden seien. Der stellvertretende Bundessprecher der AfD, Kay Gottschalk, berichtet von einem Spanien-Besuch in der vergangenen Woche. Dort sei sein Treffen mit einem Abgeordneten von Vox am Samstagvormittag mit Verweis auf den Bericht über Helferich kurzfristig abgesagt worden.

Am Montag beschäftigte sich auch der Bundesvorstand der AfD mit dem Fall. In einer Sprachregelung dazu heißt es: „Der Bundesvorstand der AfD unterstützt uneingeschränkt das Vorgehen des Landesvorstandes Nordrhein-Westfalen.“ Und weiter: „Sollte sich infolge der Sachverhaltsklärung ergeben, dass der Landesvorstand die Notwendigkeit einer Parteiordnungsmaßnahme gegen Herrn Helferich sieht, würde der Bundesvorstand sich erneut damit befassen.“

Gefragt danach, wie Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel die Causa Helferich bewertet und ob man ihn gegebenenfalls wieder aus der Fraktion ausschließen müsse, gab sich ihr Sprecher Daniel Tapp zurückhaltend. Helferich bestreite ja, der Verfasser zu sein, sagte Tapp. „Das wird man sich alles noch genauer ansehen müssen.“

Helferichs Geschichte in der Partei zeigt, dass es ihm immer wieder gelungen ist, Unterstützer für sich zu mobilisieren. So setzte ihn etwa der Landesverband NRW, dessen Vorstand ihn eigentlich ausschließen will, auf Platz sechs der Landesliste für die Bundestagswahl und garantierte ihm damit den Einzug in den Bundestag.

Der Fall Helferich ist auch eine Machtprobe in der AfD. Daniel Haseloff, mittlerweile Generalsekretär in Björn Höckes Landesverband Thüringen, postete im vergangenen Jahr ein Bild auf X, das ihn mit Helferich zeigt und schrieb dazu, Helferich sei „Hoffnungsfigur auf schwierigem West-Gebiet“. Dass er ausgeschlossen werden soll, sei „Zersetzung von innen“.