Deutsche Unternehmen wappnen sich für Handelskonflikt
Deutschlands Unternehmen sehen sich infolge der US-Zölle mit höheren Kosten und Risiken konfrontiert – und suchen den richtigen Umgang damit. Zugleich zeichnen sich erste Möglichkeiten ab, sich auf verschiedene Szenarien eines Handelskonflikts vorzubereiten, der immer weitere Kreise zieht. „Die Unternehmen müssen ihre gesamten Lieferketten im Blick haben“, sagt Melanie Vogelbach, Bereichsleiterin Internationale Wirtschaftspolitik bei der Industrie- und Handelskammer (DIHK).
Übersicht ist die beste Gegenstrategie. Bei vielen der Unternehmen laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. „Dazu gehört, die Warengruppen und die HS-Codes ihrer Produkte und Vorprodukte ganz genau zu kennen“, sagt Außenhandelsexpertin Vogelbach. Die Harmonized System Codes sind eine internationale Einteilung von Warengruppen, die für die Zollabfertigung und den internationalen Handel verwendet wird.
So bestimmt der HS-Code, ob ein Produkt von einem Strafzoll betroffen ist oder nicht. Falsche oder unklare Klassifizierungen können dazu führen, dass Unternehmen unnötige Abgaben zahlen oder sogar Sanktionen riskieren.
Essenzieller Teil des Risikomanagements. Ein Beispiel ist die US-Blockade gegen chinesische Solartechnik. Hier kommt es darauf an, welchen HS-Code ein Modul trägt. Umgekehrt müssen Unternehmen wissen, welcher HS-Code für ihre Ware gilt, um von Freihandelsabkommen zu profitieren oder um herauszufinden, ob bestimmte Präferenzzölle gelten. Unternehmen, die ihre HS-Codes nicht genau kennen, riskieren höhere Zölle, Verzögerungen oder gar rechtliche Probleme.
Wen es in welchem Szenario genau trifft, darüber wird derzeit in Berlin und Brüssel diskutiert. Auch Zölle der USA gegen China, Mexiko oder Kanada betreffen deutsche Unternehmen. Ihre Waren werden dort oftmals weiterverarbeitet und anschließend in die USA exportiert.
Das Problem für die Handelsbeobachter: Die Zölle gegen Mexiko und Kanada hat Trump wiederholt angedroht und zum Teil wieder zurückgenommen. Das lässt keine Planungssicherheit zu und rechtfertigt keine Anpassung der Strategie. Da der Handel bisher effizient organisiert war, würde jede Änderung potenziell höhere Kosten mit sich bringen.
Auch für die 6 000 deutschen Unternehmen mit Sitz in den USA wird es daher schwerer zu planen. Sie haben auf internationale Lieferketten gebaut, insbesondere Richtung Mexiko und Kanada – im Vertrauen auf den nordamerikanischen Freihandel, also das USMCA-Abkommen, früher NAFTA.
EU trägt zur Verschärfung des Problems bei. Brüssel plant den Gegenschlag – in Form von weitreichenden eigenen Zöllen. Die Auswirkungen werden sofort auch in Europa zu spüren sein. Es liegt in der Natur von Zöllen, die eigenen Verbraucher und Firmen mindestens ebenso zu treffen wie das Land, „gegen“ das sie verhängt werden.
Made in USA: Einen Teil seiner Ziele scheint Trump mit seiner Zollstrategie jedenfalls zu erreichen: mehr Produktion innerhalb der USA. So ergab jüngst der German American Business Outlook, die jährliche Konjunkturumfrage der Deutsch-Amerikanischen Handelskammern, dass 84 Prozent der deutschen Tochtergesellschaften in den USA ihre Investitionen in den nächsten drei Jahren steigern wollen. Zudem will ein gutes Viertel der Firmen, die bisher gar keine Produktionsstätte in den USA haben, dies in den nächsten drei Jahren ändern. Carolyn Braun
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