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Tiefgang

Linkenchef van Aken befürwortet chinesische Blauhelme in der Ukraine

Im Wahlkampf hatte sich die Linke mit Positionen zu außenpolitischen Fragen auffällig zurückgehalten. Die Partei konzentrierte sich ganz auf Innenpolitisches, wie soziale Gerechtigkeit und bezahlbares Wohnen. Als es zuletzt um die Möglichkeit ging, dass die Linke mit der AfD im neuen Bundestag Mehrausgaben für das Militär per Sperrminorität verhindert, kam man im Karl-Liebknecht-Haus jedoch nicht mehr um das Thema herum.

Jan van Aken ist seit Oktober 2024 Bundesvorsitzender der Linken. Zuvor war der promovierte Biologe Biowaffeninspekteur für die UN. 2022 war er für zwei Jahre Referent für internationale Konflikte bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv. Im Interview mit SZ Dossier macht er einen sehr ungewöhnlichen Vorschlag zur Lösung des Ukraine-Konflikts: UN-Blauhelme aus China.

„Drei Jahre Waffenlieferungen haben uns keinen Millimeter näher an den Verhandlungstisch gebracht“, sagt van Aken. Es müsse vielmehr darum gehen, Putin an den Verhandlungstisch zu bekommen. Aber wie? „Die Europäer sollten endlich auf China eingehen. Peking hat Anläufe gemacht.“ Er sehe es nicht so, dass sich Xi Jinping klar auf Putins Seite geschlagen habe.

„Was Russland gemacht hat, sieht auch Peking als völkerrechtswidrig an“, sagt der Parteichef der Linken. Auch Peking wolle, dass der Krieg beendet wird. Europa sollte sich deshalb überlegen, auf ein mögliches Angebot aus China einzugehen. „Solange Europa sich da nicht bewegt, wissen wir auch nicht, was dabei herauskommen könnte.“

Sogar bei den für die Ukraine so wichtigen Sicherheitsgarantien könnte China ein Teil der Lösung sein, glaubt van Aken. „China versucht seit Jahren, sein außenpolitisches Gewicht gerade über UN-Blauhelme zu stärken, es stellt mittlerweile die meisten Blauhelmsoldaten.“ Es gehe aus van Akens Sicht nicht darum, dass die Chinesen die Ukraine gegen Russland verteidigen. „Das werden sie nicht tun.“ Er könne sich das Land aber als neutraler Beobachter in der Waffenstillstandslinie vorstellen: „Die Russen werden garantiert nicht auf die Chinesen schießen.“

Der Linke ist sich sicher, dass es im Ukraine-Konflikt nicht zu einer direkten Konfrontation zwischen den Nato-Staaten und Russland kommen wird. Nach drei Jahren Krieg habe man gesehen, dass beide Seiten alles dafür getan haben, dies zu verhindern. Alles andere hieße Atomkrieg. „Das wird nicht passieren, das wäre komplett irrational.“

Dass das einzig an den amerikanischen Sicherheitsgarantien lag, die unter dem US-Präsidenten Trump womöglich jedoch nichts mehr wert sind, will van Aken nicht gelten lassen: „Europa braucht die amerikanischen Sicherheitsgarantien nicht.“ Die europäischen Staaten geben laut dem Linken 430 Milliarden Euro fürs Militär aus, Russland 300 Milliarden kaufkraftbereinigt.

„Uns geht ja gar nicht darum, dass wir uns gar nicht verteidigen sollen“, so van Aken. Aber Deutschland brauche zur Verteidigung gegen Russland beispielsweise keine Fregatten, die 365 Tage keinen Heimathafen anlaufen müssen. „Mehrere hundert Milliarden Euro mehr für Aufrüstung – das hat nichts mehr mit Landesverteidigung zu tun.“ Felix Lee, Elena Müller