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Tiefgang

Ohne die Länder geht es nicht

Alle schauen auf den Bundestag und die Debatte über die Änderung des Grundgesetzes. Doch der in Gesetzgebungsverfahren mächtige Bundesrat spielt eine gewichtige Rolle, spätestens am 21. März, wenn die Gesetzesreform dort auf der Tagesordnung stehen soll. Ohne die Zustimmung der Länderkammer kann die Grundgesetzänderung nicht in Kraft treten. Wenn die Kammer nicht zustimmt, kann der Bundesrat einen Vermittlungsausschuss anrufen, um den Gesetzgebungsprozess zu retten, zum Preis einer deutlichen Verzögerung.

Bei Änderungen des Grundgesetzes ist auch dort eine Zweitdrittelmehrheit nötig. Das wären 46 der 69 Stimmen der Länder. Doch diese zu bekommen ist schwieriger als im Bundestag, denn in manchen Ländern müssen die Koalitionspartner gemeinsam ihre Stimme abgeben. Sind sich die Parteien nicht einig, beziehungsweise verweigert einer oder mehrere Partner die Zustimmung, muss sich das Land bei der Abstimmung enthalten.

Hier kommen Hubert Aiwangers Freie Wähler ins Spiel. Der bayerische CSU-Juniorpartner machte tagelang Stimmung gegen Markus Söder und seine CSU. Söder hatte sich zwar damit gerühmt, einiges für den Freistaat in das Sondierungspapier hineinverhandelt zu haben, wie die Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie oder die Wiedereinführung der Agrardiesel-Subventionen. Doch am Mittwochnachmittag erteilen Aiwanger und die Freien Wähler den Plänen von Söder und Co. eine klare Absage. „Aus jetziger Sicht sehen wir uns nicht in der Lage, dem zuzustimmen“, sagt Aiwanger. Er sehe in dem Schuldenpaket „mehr Gefahr als Chance für die Stabilität unseres Landes“.

Auch andere Länder könnten Probleme machen: jene, in denen das BSW, die Linke und die FDP mitregieren. Denn alle haben bereits bekundet, die von CDU, CSU und SPD vorgestellten Pläne in der jetzigen Form nicht mittragen zu wollen. Das BSW hat bereits angekündigt, nicht für die Grundgesetzänderung für mehr Militärausgaben zu stimmen. Die Linke will eine grundlegende Reform der Schuldenbremse in der neuen Legislaturperiode und will keine herausgelöste Sonderregelung für die Verteidigung. Bei der FDP ist es genau andersherum.

In Anbetracht der momentanen Haltung der Grünen sind deren Stimmen auch in den von ihnen mitregierten Ländern nicht sicher. Das wären ganze sechs von sechzehn: Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Aus Stuttgart signalisierte der Grüne Winfried Kretschmann bei aller Kritik an der avisierten rot-grünen Regierung allerdings bereits Zustimmungsbereitschaft.

Doch die Ministerpräsidentenkonferenz, momentan unter der Führung Sachsens, die gestern in Berlin tagte, konnte keine Entwarnung geben. „Wir alle 16 Länder wünschen uns, dass die Gespräche zu einem vernünftigen Ende kommen“, sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bei der abschließenden Pressekonferenz. Natürlich habe es „Verletzungen aus dem Wahlkampf gegeben“, so der Landeschef weiter. Aber Deutschland müsse handlungsfähig sein, appellierte er in Richtung der anderen Parteien abseits von Union und SPD: „Was uns Demokraten auszeichnet, ist die Suche nach dem Kompromiss und das erwarten wir in diesen Stunden auch von der Bundespolitik.“

Stephan Weil, SPD-Ministerpräsident in Niedersachsen, ließ wissen, dass die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) gestern keine Beschlüsse in der Sache gefasst habe. „In den Verhandlungsgruppen sind Mitglieder der MPK vertreten“, so Weil. Es sei sinnvoller, diese dort die Überzeugungsarbeit machen zu lassen, als dies von außen zu tun. Weil zeigte sich optimistisch und wollte wohl Druck herausnehmen: „Wir haben noch neun Tage Zeit.“ Elena Müller