Trumps Rohstoffdeal mit der Ukraine
Trump hat die Verhandlungen über Seltene Erden für US-Unterstützung womöglich mit einem entscheidenden Druckmittel für sich entschieden: Die USA drohten, den Zugang der Ukraine zu Starlink zu sperren, einem Internetzugang via Satellit. Das zeigt die Bedeutung moderner Technologien, wie Elon Musk sie kontrolliert, auf dem Schlachtfeld der Gegenwart.
Entscheidender Kommunikationsweg: „Das Aus von Starlink wäre für die Ukraine schlimmer als die Einstellung jeglicher Waffenlieferungen“, sagt Hendrik Remmel, Militäranalyst am German Institute for Defence and Strategic Studies, SZ Dossier.
Wer ist Partner, wer Gegner? Der Zugang der Ukraine zu Starlink von Elon Musks Firma SpaceX sei in den jüngsten Diskussionen zwischen amerikanischen und ukrainischen Beamten zur Sprache gekommen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters und bezieht sich auf drei mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Demnach wurde der Ukraine mitgeteilt, dass der Dienst abgeschaltet werden könnte, sollte keine Einigung über kritische Rohstoffe erzielt werden. Elon Musk widerspricht dieser Darstellung. Aber der Bericht scheint angesichts des neuen amerikanischen Verhandlungsstils plausibel.
Starlink – einfach, günstig und dominant. Es stellt wichtige Internetverbindungen für die vom Krieg zerrüttete Ukraine bereit – sowohl für zivile als auch für militärische Nutzer. Der Clou ist die einfache Handhabung: mobil, kostengünstig und dezentral. Möglich machen das die Starlink-Satelliten, die wenig anfällig für Störungen sind.
Kurz nach der russischen Invasion begann das Unternehmen von Musk mit der Bereitstellung von Starlink-Zugängen für die Ukraine. Das verschaffte Kyiv einen wichtigen Kommunikationsvorteil auf dem Schlachtfeld. Zuvor waren etablierte Kommunikationswege ausgefallen, und klassischen Funkverkehr konnten die Russen abhören.
Unentbehrlicher Kommunikationsweg: Offiziellen Angaben zufolge waren im vergangenen Jahr rund 42 000 Starlink-Terminals in der Ukraine im Einsatz – an der Front, aber auch in Krankenhäusern, Unternehmen und Hilfsorganisationen. Der Wegfall von Starlink wäre ein enormer Schlag für die landesweite Kommunikation.
Gerade in der Ukraine, wo die Infrastruktur größtenteils zerstört ist und somit kaum noch Funkmasten oder Internetkabel zur Verfügung stehen, bietet Starlink einen Zugang zum Internet. Ein Wegfall würde selbst auf regionaler Ebene zu großen wirtschaftlichen Problemen führen – von den Auswirkungen auf die ukrainische Gesellschaft ganz zu schweigen.
Auch das ukrainische Militär nutzt in großem Umfang Starlink. „Große Teile der Command-and-Control-Strukturen der ukrainischen Streitkräfte laufen über Starlink“, erklärt Remmel. Das umfasst nicht nur die Kommunikation, sondern auch Zielidentifizierung und Zielerfassung.
Im September 2022 wollte die ukrainische Marine einen Drohnenangriff gegen die russische Schwarzmeerflotte auf der Krim durchführen, als plötzlich der Kontakt zu allen Drohnen abbrach; einige wurden schlicht an Land gespült. Die Ursache für diesen abrupten Ausfall blieb lange unbekannt – bis sich ein Jahr später herausstellte, dass Musk befohlen hatte, das System zeitweilig abzuschalten.
Faustpfand in den Verhandlungen über Seltene Erden: Starlink könnte somit das entscheidende Druckmittel gewesen sein, um die Ukraine zum Einlenken zu bringen. Trump hatte für eine weitere US-Unterstützung weitreichenden Zugriff auf die Rohstoffe der Ukraine wie Seltene Erden, Grafit, Lithium oder Titan gefordert.
Trumps Kolonialpläne für die Ukraine: Doch damit nicht genug. Trump will auch die Kontrolle über Häfen und andere Infrastruktur sowie über Öl- und Gasvorkommen. Die Forderungen kommen einer wirtschaftlichen Kolonialisierung der Ukraine durch die USA gleich. Dabei wirft Trump wild mit falschen Zahlen um sich. Die Wichtigste: Die USA hätten der Ukraine 350 Milliarden US-Dollar Hilfen gestellt.
Berechnungen des Kiel Institut für Weltwirtschaft zeigen jedoch, dass nur 114 Milliarden Euro geflossen sind – im Vergleich zu 132 Milliarden Euro aus Europa (Stand Ende 2024). Selenskyj hat jedenfalls einen solchen Deal bis Dienstag abgelehnt – mit dem Hinweis, dass darin keinerlei US-Sicherheitsgarantien für sein Land enthalten seien.
Den Berichten über eine Einigung zufolge hapert es nun genau bei diesen Sicherheitsgarantien: Die USA erhalten die wertvollen Mineralien ohne konkrete Gegenleistung, stattdessen gibt es einen Hinweis auf das „Gesamtbild“, dem sich die Ukraine nicht habe entziehen können. Man kann hinter dieser Formulierung nur erahnen, wie gewaltig der Druck war, den Trump aufgebaut hat. Unter anderem mit Hinweis auf die Abhängigkeit der Ukraine von Starlink. Michael Radunski
Dieser Text erschien zuerst in einer längeren Fassung im Dossier Geoökonomie.