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Tiefgang

Wie das Land sich vor Hochwasser schützen kann

Das Technische Hilfswerk hat Menschen an der Neiße aufgefordert, sich einen kleinen Notvorrat anzulegen: Wenn das Hochwasser in den kommenden Tagen auf Ostdeutschland trifft, könne es zu Stromausfällen kommen, sagte der Abteilungsleiter Fritz-Helge Voß im ZDF. Lesen Sie hier die Entwicklungen im Liveblog.

In Deutschland droht die vierte Hochwasserlage in diesem Jahr. In Rumänien, Tschechien, Österreich und Polen wurden bereits mehrere Menschen von den Wassermassen getötet. „Starkregenereignisse und Hochwasser werden wegen der Klimakrise häufiger. Sie sind ein massives Sicherheitsrisiko und richten schwere Schäden an“, sagte Umweltministerin Steffi Lemke gestern. Doch was braucht es, um sich wirksam gegen Hochwasser zu schützen?

In den meisten Bundesländern übernehmen im Akutfall die Katastrophenschutzbehörden der Landkreise die Koordinierung der Einsatzmaßnahmen, zudem sind die Innenministerien für den Katastrophenschutz zuständig. Das Landesumweltministerium in Brandenburg übernimmt zum Beispiel die Herausgabe der Hochwasserstandsmeldungen und der Warnungen.

Der Klimawandel sorgt für die Extremwetterereignisse, doch die Zersiedelung der Landschaft und die Art, wie Landwirtschaft betrieben wird, sorgt dafür, dass der Boden das Wasser nicht aufnehmen kann und die Flusspegel so schnell steigen“, sagte Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, SZ Dossier. Dieser Zusammenhang sei in der Bevölkerung und der Politik noch nicht ausreichend angekommen, sagte er.

„Wir müssen den Flüssen mehr Raum geben, durch Auenrenaturierungen und Polder, die man öffnen kann“, sagte Müller-Kraenner. Werden Auen renaturiert, kann das Wasser sich ausbreiten, die Pegelstände werden niedriger. Hochwasserpolder können ab bestimmten Pegelständen gezielt geflutet werden.

„Seit dem Katastrophenhochwasser im Juli 2021 hat sich politisch etwas bewegt. Anders als nach dem Hochwasser 2002, ist in Hochwasserschutz investiert worden“, sagte Müller-Kraenner. Damals seien die geforderten Konsequenzen nach einem halben Jahr wieder vergessen gewesen. „Leider ist das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz im Zuge der Verkleinerung des Klima- und Transformationsfonds um 500 Millionen Euro auf 3,5 Milliarden Euro gekürzt worden“, sagte er, „unsere Forderung ist, dass hier im parlamentarischen Verfahren nachgebessert wird.“

Ein Ziel des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz ist die Renaturierung von Auen, rund ein Drittel der überflutbaren Auenflächen würden laut Regierung als Ackerflächen, Verkehrs-, Gewerbe-, oder Wohnflächen genutzt. Müller-Kraenner lobte das Auenrenaturierungsprogramm bei Dessau in Sachsen-Anhalt, dort wurden 600 Hektar Auwald an die Elbe angeschlossen. Steigt der Pegel, kann das Wasser dorthin abströmen.

Ähnlich wichtig ist laut dem Aktionsprogramm die Wiedervernässung von Mooren. Erst vor wenigen Tagen wurde ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg rechtskräftig, das die Bundesregierung auffordert, beim Natürlichen Klimaschutz insbesondere bei Wäldern und Mooren nachzuschärfen. Laut der Umweltschutzorganisation WWF sind rund 90 Prozent der Moorflächen in Deutschland entwässert.

Die Bundesregierung schreibt im Aktionsplan Natürlicher Klimaschutz, es sei bisher nicht gelungen „die negative Entwicklung zu stoppen oder eine Trendwende zu erreichen“. Gerade bei der Wiedervernässung von Mooren sieht Müller-Kraenner „großen Aufholbedarf“. „Wir müssen an die Flächen ran. Bisher werden rund 2000 Hektar pro Jahr wiedervernässt, laut Umweltbundesamt müssten es 50.000 Hektar im Jahr sein“, sagte er.

Was sagt das Finanzministerium zu den Kürzungen in dem Bereich? Die Verhandlungen über den Bundeshaushalt würden im Bundestag geführt, sagte Ministeriumssprecherin Nadine Kalwey während der Bundespressekonferenz. In erster Linie seien ohnehin die Länder zuständig. Das Bundesumweltministerium verwies auf das Hochwasserschutzgesetz, das noch in diesem Jahr vom Kabinett verabschiedet werden soll.