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Tiefgang

Der Ort, an dem Multilateralismus noch funktioniert

Was für eine Rolle spielt die Weltbank in geopolitisch schwierigen Zeiten? Sie wird größer, sagt Anshula Kant, Managing Director und Chief Financial Officer der Weltbank-Gruppe. „Weil sie einer der Orte ist, an dem Multilateralismus noch funktioniert“, sagt Kant SZ Dossier.

Die Weltbank ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die sich dem Ziel verschrieben hat, extreme Armut auf der Welt zu bekämpfen und die Lebensbedingungen in Entwicklungsländern, im Weltbank-Sprech Partnerländer, zu verbessern. Multilateralismus ist in Krisenzeiten schwieriger, aber essenziell.

Wie bei der Bekämpfung der Klimakrise. Die Bank hat kürzlich ihre Ziele bearbeitet. Früher war der Doppelauftrag die Beseitigung der Armut und Verringerung der Ungleichheit. Kürzlich kam der lebenswerte Planet recht prominent hinzu.

Inzwischen geht mehr als ein Drittel aller Projektfinanzierungen in die Bekämpfung des Klimawandels. Beispiel Energie: Etwa 600 Millionen Menschen auf dem afrikanischen Kontinent haben keinen Zugang zu Energie. Deshalb wolle die Weltbank jetzt mit der Afrikanischen Entwicklungsbank und anderen Partnern in den nächsten fünf bis sieben Jahren mindestens 300 Millionen Menschen Zugang zu Energie verschaffen. „Denn ohne Strom gibt es keine Entwicklung, kein Wachstum“, sagt Kant. „Wir werden dies natürlich mit erneuerbaren Energien tun“, sagt sie.

Ohne Strom auch keine Digitalisierung. Die durchdringe aber viele Lebensbereiche, die zur Bekämpfung von Ungleichheit essenziell sind: Gesundheit und Bildung zum Beispiel. Deshalb habe die Bank eine neue Abteilung für Technologie und Digitalisierung eingerichtet.

Wenn sie an den Tisch der Weltbank kämen, legen die Menschen ihre Politik ein wenig beiseite, sagt Kant. Man ist sich, anders als oft im Privaten, schnell einig, wenn es um Geld geht. Die Zeiten sind schwer, nicht nur die Klimakrise, auch die Corona-Pandemie belastet die Partnerländer nach wie vor.

„Die Entwicklungsländer und Schwellenländer stehen vor einem Zusammenfluss von Krisen. Die Fortschritte, die sie in den Jahrzehnten vor Covid gemacht hatten, sind zu einem großen Teil wieder rückgängig gemacht worden“, sagt Kant.

Die Pandemie nennt Kant „die Katastrophe des Jahrhunderts“. Davor habe es große Entwicklungssprünge gegeben, in der Armutsreduktion, der Förderung von Bildung, der Gesundheitsversorgung. Nun seien noch immer mindestens 60 Prozent der Partnerländer überschuldet oder davon bedroht. Trotz eines Weltbank-Finanzpakets in Höhe von fast 160 Milliarden Dollar, das sie aus allen Einheiten der Gruppe schnürte. Kleiner Vergleich: Deutschland hat laut einem Bericht der Welt am Sonntag, die sich auf Zahlen aus dem Finanzministerium berief, rund 440 Milliarden Euro zur Bekämpfung der Corona-Krise ausgegeben.

In der Bundesrepublik, bislang ohne Schuldenproblem und trotzdem oder deswegen dem Sparen verpflichtet, muss man natürlich fragen, wer das bezahlen soll. Beruhigende Antwort: „Es geht darum, mehr Ressourcen zu mobilisieren und die vorhandenen Ressourcen effizienter zu nutzen“, sagt Kant. Sie arbeiteten jetzt viel mit dem Privatsektor zusammen, „um herauszufinden, wie wir ihn einbeziehen können“.

Wie blickt Kant auf andere Akteure, etwa auf China, das Entwicklungshilfe als außenpolitisches Instrument nutzt? Wir erinnern uns: Bei der Weltbank bleibt die politische Ausrichtung zweitrangig. „Wir sehen das nicht als Wettlauf. Wenn andere Akteure auf den Plan treten und versuchen, so effektiv wie wir zu sein, ist das willkommen“, sagt Kant. Schließlich gebe es keine einzelne Institution auf der Welt, die alles allein stemmen könne. Gabriel Rinaldi