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Tiefgang

Vorbereitung auf den Unvorhersehbaren

Wie soll sich Deutschland auf eine zweite Präsidentschaft von Donald Trump vorbereiten? In Berlin beschäftigt sich damit vor allem ein Mann hauptberuflich: Michael Link. Der FDP-Politiker ist Transatlantikkoordinator der Bundesregierung und seine Rolle versteht er auch darin, sich auf dieses Szenario vorzubereiten. Zuletzt reiste er nach Michigan, Indiana, Illinois, Wisconsin und Minnesota. Link versucht, die Verbindungen in die Mitte des Landes, wirtschaftsstarke Regionen, die von deutschen Politikern oft übersehen werden, zu stärken.

Es ist Beziehungspflege für eine mindestens angeschlagene Verbindung: die zwischen konservativen und liberalen europäischen Politikern und US-Republikanern seit dem Aufstieg von Donald Trump. „Für mich wird immer deutlicher, dass es in wirtschaftlich stark mit Deutschland vernetzten US-Bundesstaaten ein belastbares Netz an Beziehungen gibt“, sagte Link SZ Dossier. Die Europäer, vorwiegend exportstarke Nationen wie Deutschland, fürchten einen Handelskrieg, sollte Trump wiedergewählt werden. „Wir müssen davon ausgehen, dass Trump seine Ankündigungen, Strafzölle zu erheben, wahr macht, sollte er wiedergewählt werden“, sagte er.

Dass Trump wiedergewählt wird, will Link nicht beschwören. Trumps Chancen aber sind mindestens passabel. Trotz der Gerichtsprozesse, die gegen ihn laufen – und von denen Link sagt, Trump habe Wege gefunden, sie für sich zu nutzen.

Ein Prozess wegen des Aufstands am 6. Januar, ein weiterer wegen versuchten Wahlbetrugs in Georgia, einer um geheime Unterlagen, die er behalten und nicht herausgerückt haben soll. Dazu das Verfahren, das gerade begonnen hat: Um der Pornodarstellerin Stormy Daniels Schweigegeld zu bezahlen – und das zu verschleiern – soll Trump Geschäftsdokumente gefälscht haben. Ein bunter Reigen an Vorwürfen von der vergleichsweise kleinen Betrügerei bis zum Angriff auf die stolze amerikanische Demokratie.

Weil seine Anwälte in den anderen Verfahren erfolgreich Verzögerungstaktiken angewendet haben, könnte der Schweigegeld-Prozess – also der, der am meisten nach Trump riecht – der einzige sein, in dem ein Urteil vor den Wahlen im November ergeht.

Der Rückhalt für Trump in der eigenen Partei ist groß. „Nach außen unterstützen viele Republikaner Trump, aber sie wollen keinen Handelskrieg mit Europa“, sagte Link. Auffällig sei aber auch, was sie nicht erwähnen: „Wohlgemerkt: Sie sagen auch nicht, sie wollen ein Freihandelsabkommen.“ Für Link ist das ein Problem. „Die Abwesenheit von Handelsregeln erleichtert es Trump, Strafzölle zu schaffen. Sollte Biden wiedergewählt werden, müssen wir dringend über sektorale Abkommen sprechen.“

Vergeltungsaktionen, wie sie in der Vergangenheit vor allem von Frankreich ins Spiel gebracht wurden, findet Link den falschen Weg. „Die Wirtschaft in den USA fürchtet Pläne der EU, im Fall eines Handelskriegs ebenfalls Strafzölle zu erheben. Das würde die örtliche Wirtschaft, bei Whiskey zum Beispiel in Tennessee, massiv treffen“, sagte er. Die Stärkung der Verbindung in die USA über die Bundesstaaten sieht er in dem Fall gefährdet.

Er plant, in andere europäische Hauptstädte zu reisen, nach Rom, Warschau, Paris. Methodenabgleich. Wie bereitet sich der Rest der EU vor? Man könne, sagt Link, sich nicht abschließend auf Trump einstellen. „Unvorhersehbar zu sein ist sein Markenkern. Methodisch können und sollten wir aber vorarbeiten, indem wir uns stärker mit den USA verbinden.“