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Tiefgang

Krieg und Informationskrieg in der Ukraine

Tucker Carlson hat Wladimir Putins Lügen neulich nicht nur unwidersprochen gelassen, er hat sie sich sogar erbettelt. Es wäre nicht nötig gewesen.

Der Kreml hat Wege und Mittel, seine als Fakten getarnten Behauptungen unter die Leute zu bringen, vor allem online. „Meiner Beobachtung nach hat sich die russische Propaganda auf Plattformen konzentriert, die leicht zu manipulieren sind“, sagte Anton Protsiuk, Programm-Koordinator bei Wikimedia Ukraine. Soziale Medien, zum Beispiel Facebook und X böten sich dafür an, denn auf ihnen könne man „leicht ein riesiges Bot-Netz ausspucken“, sagte Protsiuk SZ Dossier.

In diesen Wochen ereilen die Ukraine mehrere Jahrestage. Ab Mitte Februar vor zehn Jahren eskalierten Proteste in dem Land, die heute als Euromaidan oder Revolution der Würde bekannt sind. Daraufhin annektierte Putin völkerrechtswidrig die Krim, es jährt sich kommende Woche zum zehnten Mal. Am Samstag schließlich ist es genau zwei Jahre her, dass Putin tatsächlich in einem souveränen Land einmarschierte. Der Rest ist Geschichte. Seitdem herrscht Krieg in Europa – an der Front und in der Informationsbeschaffung.

Protsiuk, der Kiew vor zwei Jahren verlassen musste, als die Russen anrückten, ist inzwischen zurück in der ukrainischen Hauptstadt. Damals wie heute arbeitete er für Wikimedia, der gemeinnützigen Organisation hinter der Enzyklopädie Wikipedia. „Es ist wichtig zu wissen, dass Wikimedia als Organisation nicht für die Erstellung von Wikipedia zuständig ist“, sagte er. „Das Schreiben und Editieren wird von einer Community erledigt. Als NGO unterstützen wir diese Gemeinschaft.“

Denn Wikipedia ist eine wichtige Informationsquelle in der Ukraine, sagte Protsiuk. „Klar, als der Krieg vor zwei Jahren begann, habe ich nicht hektisch in Wikipedia nachgeschaut, um die neuesten Nachrichten zu erfahren, aber trotzdem ist sie in Kriegszeiten wichtig – für den Kontext der wichtigsten Nachrichten.“ Während Menschen versuchten zu verstehen, was vor sich geht, sei ihnen auch daran gelegen Hintergründe zu verstehen. In den ersten „Wochen des Krieges war beispielsweise Oleksiy Arestovych, ein Berater und Sprecher von Präsident Selenskyj, ständig auf Sendung, aber niemand wusste, wer er war – daher wurde sein Wikipedia-Artikel sehr populär“, sagte Protsiuk.

In der Ukraine herrsche große nationale Einigkeit, sagte er. Die Menschen seien vielleicht nicht mit allem einverstanden, aber es gebe Unterstützung für die allgemeine Vorgehensweise. „In dem Maße, in dem die ukrainische Regierung versucht, die Berichterstattung zu kontrollieren, gibt es andere, wichtigere Kanäle, als Wikipedia“, sagte er. So seien seit Beginn des Krieges alle großen ukrainischen Fernsehsender auf einer großen Plattform vereint, die im Wesentlichen von der Regierung kontrolliert würden. „Es wurde beschlossen, dass alle großen Fernsehsender aus Gründen der Sicherheit im Krieg zusammenarbeiten und eine einheitliche Informationspolitik betreiben sollten“, sagte er.

Es ist eine freundliche Umschreibung dafür, dass es um die Pressefreiheit in der Ukraine nicht immer zum besten bestellt ist. Darüber hat SZ-Korrespondent Florian Hassel erst gestern hier berichtet. Dennoch: Von russischen Zuständen ist das weit entfernt.

Wenn man ein russischer Agent ist, kann man nicht einfach im Wikipedia-Artikel die illegale Invasion zu einer ‚speziellen Militäroperation‘ ändern oder was auch immer die russische Regierung für einen Bullshit erzählt.

Anton Protsiuk

Programm-Koordinator bei Wikimedia Ukraine

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