Bundesregierung legt Streit um Plattformregulierung bei
Der Gesetzentwurf für das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG), die deutsche Umsetzung des Digital Services Act der EU, kommt heute ins Bundeskabinett, damit wenigstens dieser Schritt noch vor Weihnachten getan werden kann. Zeit wird es: Den ganzen legislativen Prozess bis Mitte Februar abzuschließen, wie es eine Frist der EU verlangt, wird trotzdem kaum möglich sein.Und selbst, dass es vier Tage vor Heiligabend noch klappt, war bis gestern Abend nicht sicher, wie wir berichten können: „Eine Frage betraf zuletzt auch den Erfüllungsaufwand, der dadurch, dass die Beschwerdestelle bei der Bundesnetzagentur die einzige Anlaufstelle sein soll, damit noch einmal mit mehr Kosten verbunden ist, die dann auch noch einmal ausverhandelt werden mussten“, sagte Tabea Rößner (Grüne), Vorsitzende des Digitalausschusses, SZ Dossier.Es ging bei dem Streit um einige Planstellen, für die im Haushalt Mittel vorgesehen werden müssen, was ab 2025 „tatsächlich noch einmal einen ordentlichen Aufwuchs“ bedeutet, sagte sie. In solchen Fragen habe es schon länger Uneinigkeiten gegeben, denn leider, sagte Rößner, werde oft in der Logik gedacht: „Wer am meisten Geld im Ressort hat, ist am wichtigsten“, sagte sie. „Das ist nicht meine Logik.“
Zudem geriet das DDG zwischen die Mühlsteine der Ampel: „Da werden Gesetze miteinander in Verbindung gebracht, die nichts miteinander zu tun haben, nur damit man ein Zugeständnis eines anderen Ministeriums bekommt für eine Sache, bei der die andere Seite auf der Bremse steht“, sagte eine irritierte Rößner. „Das erschließt sich mir nicht aus einer Sachfrage.“
Eile, aber mit Weile, fordert die Opposition. „Nicht zuletzt aufgrund dessen, dass die EU in dieser Woche ein Verfahren gegen X eingeleitet hat, ist Druck auf dem Kessel“, sagte Catarina dos Santos-Wintz, DSA-Berichterstatterin der Unionsfraktion im Bundestag, SZ Dossier. Sobald der Entwurf des DDG „mit circa vier Monaten Verspätung endlich im Kabinett beschlossen wird“, steige auch der Druck auf den Deutschen Bundestag, das Gesetz schnell zu beraten. „Es noch fristgerecht zu verabschieden, ist allerdings kaum zu erreichen, wenn wir eine angemessene parlamentarische Beratung des Gesetzes anstreben.“
„Die Aussagen verschiedener Regierungsvertreter, dass im Zweifel der DSA ohnehin in Kraft treten würde, lässt außer Acht, dass auf deutscher Seite zumindest der Digital Services Coordinator benannt werden muss“, sagte dos Santos-Wintz. In anderen Mitgliedstaaten sei dies besser gelöst – Frankreich und Irland hätten schon jetzt Vereinbarungen mit der EU-Kommission, die den Kampf gegen Desinformation und Hass im Netz vor Ende der Umsetzungsfrist vereinfachen, sagte sie. „Eine solche Vereinbarung, die als Brücke bis zum DDG dienen könnte, wird aber bislang, trotz mehrfacher Nachfrage meinerseits, von der Bundesregierung abgelehnt.“
Allerdings gebe es auch noch das Netzwerksdurchsetzungsgesetz, das eine Blaupause für den DSA ist, sagte Rößner. Das gelte so lange, und deshalb könne auch vorgegangen werden. „Und es gibt natürlich eine Arbeitsgruppe auf EU-Ebene, wo die Bundesnetzagentur schon dabei ist“, sagte sie. „Uns wurde deutlich gesagt, dass es rechtlich gesehen keine Regulierungslücke gibt – da das Netzwerkdurchsetzungsgesetz bis zur Ablösung durch das DDG gilt – wobei man ohnehin darüber streiten kann, inwiefern das Netzwerksdurchsetzungsgesetz in der praktischen Durchsetzung besonders erfolgreich ist.“
Wie der Chef der Bundesnetzagentur – und „Designated Digital Services Coordinator – Klaus Müller SZ Dossier vergangenen Monat sagte, ist seine Behörde in Brüssel bereits vorläufig als für den DSA zuständig registriert und tauscht sich mit europäischen Pendants aus. Aus Sicht der Verbraucher sei es aber schade, „dass Deutschland wohl noch einige Monate auf seinen Digital Services Coordinator warten muss“, sagte Julian Jaursch, Projektleiter bei der Stiftung Neue Verantwortung, SZ Dossier. Zum vollumfänglichen Start des DSA im Februar werde die neue Anlaufstelle für Beschwerden nicht bereit sein.
Forschende würden hierzulande keinen Plattformdatenzugang anfragen können und Behörden müssten sich zunächst weiterhin ohne klaren Rahmen zur DSA-Durchsetzung austauschen, prognostizierte Jaursch. Doch das DDG werde sich daran messen lassen müssen, welche Vorteile und Verbesserungen es für Verbraucherinnen bringt, und für eine solche starke Durchsetzung sei eine gute behördliche Zusammenarbeit nötig. Dafür müsse das DDG eine passende Grundlage schaffen. „Wenn das nicht gelingt, bringen auch andere wichtige Teile des Gesetzes, etwa zum Beschwerdemanagement oder dem Beirat, wenig.“
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