In ersten Reaktionen hat Trump die Einigkeit betont, Biden hat mit ihm telefoniert. Beinahe wirkt es wie die Rückkehr parlamentarischer Gepflogenheiten in Zeiten des Chaos. „Offensichtlich können wir als Gesellschaft so nicht weitermachen“, sagte der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson (Republikaner), dem Sender NBC. In einer Rede an die Nation appellierte Biden in der Nacht an die Amerikaner, friedlich zu bleiben, und warnte vor weiterer Gewalt im Wahlkampf. „Wir lösen unsere Meinungsverschiedenheiten an der Wahlurne. So machen wir es – an der Wahlurne, nicht mit Kugeln“, sagte er.
Die wichtigste Frage: Wie konnte der Schütze Thomas Matthew Crooks, 20 Jahre alt, auf das Dach gelangen, von dem aus er die Schüsse auf Trump abfeuerte? Das FBI nannte den Umstand „überraschend“. Ein Besucher der Wahlkampfveranstaltung hatte den Schützen zuvor auf das Dach klettern sehen, erzählte er dem Sender BBC, ein lokaler Polizist soll den Schützen gestört haben. Sprecher Johnson kündigte an, die Chefin des Secret Service, Kimberly Cheatle, zeitnah vorzuladen. Möglicherweise wollen Demokraten und Republikaner zusammenarbeiten, um alle Präsidentschaftskandidaten besser zu schützen.
Motiv noch unklar: Trump-nahe Organisationen machten Demokraten bereits wegen ausfallender Rhetorik für den Anschlag verantwortlich. Das Motiv des Täters ist noch unklar, Crooks war als Republikaner registriert, spendete aber 15 Dollar an eine liberale politische Organisation. „Diese Schüsse könnten die politische Polarisierung in den USA weiter verstärken. Das darf keinesfalls passieren“, sagte der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung und der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Link SZ Dossier.
Trump-Fans elektrisiert: Elon Musk, Besitzer von X und Trump-Fan, rief zu seiner Wahl auf. Seit Theodore Roosevelt, der 1912 mit einer Kugel in der Brust eine Wahlkampfrede gehalten hatte, habe es keinen „zäheren Präsidenten“ mehr gegeben. Seine Plattform wurde mit Desinformation geflutet, staged war eines der Schlagwörter, die auf X viel geteilt wurden. Dass Biden den Befehl gegeben habe, wurde sogar von republikanischen Abgeordneten behauptet. Andere Plattformen schienen das Ausmaß an Desinformation etwas besser im Griff zu haben, berichtet das SZ Dossier Digitalwende (hier kostenlos testen). Es werde nun weniger „Never Trumpers“ geben, prophezeite der Republikaner Newt Gingrich, Republikaner also, die niemals Trump wählen würden.
Baerbock noch in der Nacht informiert: Im Auswärtigen Amt kommt in solchen Situationen das Krisenreaktionszentrum zusammen. Es habe die Lage „die ganze Nacht beobachtet und engen Kontakt mit unserer Botschaft in Washington gehalten“, hieß es aus Ministeriumskreisen. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sei noch in der Nacht unterrichtet worden, erfuhr SZ Dossier. Lesen Sie hier den Liveblog.