von Elena Müller, Laurenz Gehrke und Gabriel Rinaldi
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Die Zahl politisch motivierter Straftaten hat einen neuen Höchststand erreicht. Als Grund nennt eine Statistik von Bundesinnenministerium und Bundeskriminalamt unterem den Nahost-Konflikt. Laut der Erhebung ist die Zahl der Fälle im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent (84 000 Fälle) gestiegen. Etwas mehr als die Hälfte der Taten mit politischem Hintergrund (fast 42 800) ordneten die Sicherheitsbehörden dem Bereich „rechts motiviert“ zu.
Doppelt so viele Fälle: Der Nahost-Konflikt hat auch ein neues Niveau bei den antisemitischen Vorfällen zur Folge. Auch die Zahl antisemitischer Straftaten stieg deutlich, um knapp 21 Prozent auf rund 6 200 (Vorjahr: 5 200). Allein in der Hauptstadt zählt die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus in Berlin (Rias Berlin), die ebenfalls gestern vorgestellt wurde, 2521 Fälle im vergangenen Jahr (2023: 1 270). Die antisemitische Gewalt sei in der Hauptstadt wieder angestiegen, die Vorfälle hätten sich fast verdoppelt und auf einem hohen Niveau verstetigt.
Unsichtbare Zahlen: Sigmount Königsberg, Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, rechnet jedoch mit einer fast doppelt so hohen Zahl. Man müsse von einer hohen Dunkelziffer ausgehen, da nicht jeder Vorfall und jede Tat den entsprechenden Stellen gemeldet oder bei der Polizei angezeigt werde. „Die Räume, in denen sich Jüdinnen und Juden in dieser Stadt frei bewegen können, werden kleiner“, sagte Königsberg am Dienstag.
Tatort Schule: Besonders viele Fälle verzeichnet Rias Berlin an Bildungseinrichtungen wie Schulen und Hochschulen. 44 Fälle Übergriffe alleine an Schulen sind bekannt; in sieben Fällen wurden jüdische Kinder und Jugendliche von Mitschülerinnen und Mitschülern körperlich angegriffen. Der Umgang der Schulen mit solchen Vorfällen lässt laut Rias Berlin zu wünschen übrig: „In vielen Fällen scheinen Lehrkräfte überfordert oder handlungsunsicher“, sagte Julia Kopp, Projektleiterin bei Rias Berlin.
Fehlende Solidarität: Sie kritisierte auch einen generellen Mangel an Solidarität und Sympathielosigkeit nicht betroffener Menschen. Deutlicher formulierte es Königsberg: „Es muss ein Ruck durch die Gesellschaft gehen.“ Es könne nicht sein, dass Judenhass sozial legitimiert wird, indem er hingenommen wird.