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Meldung

Das Zoll-Dilemma der Zentralbanken

Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:

Die Zollpolitik der USA bringt auch die Zentralbanken in Nöte. Nach einhelliger Meinung von Ökonomen wird die Inflation in den USA steigen, während das Wachstum leiden dürfte. „Stagflation“ heißt das Fachwort. Um die Inflation zu bekämpfen, erhöhen die Notenbanken in der Regel die Zinsen, was aber dem Wachstum schadet. Die US-Notenbank Fed wiederum hat ein Doppelmandat; sie soll auch auf den Arbeitsmarkt achten. Zwar will US-Präsident Donald Trump Millionen neue Arbeitsplätze schaffen, indem die meisten Waren wieder in den USA produziert werden, aber wenn das überhaupt klappt, dürfte es Jahre dauern.

Auf dem Prüfstand: Trump hält ohnehin nichts von hohen Zinsen. Sollte die Fed also aggressiv gegen die Inflation vorgehen, wenn diese demnächst steigt, könnte Trump versuchen, die Unabhängigkeit der Zentralbank zu beschneiden. Die ist in den USA anders als in Europa nicht verfassungsrechtlich zementiert. Auch für die Europäische Zentralbank (EZB) ist die Lage aber jetzt komplizierter. Bundesbankpräsident Joachim Nagel sagte gestern, er erwarte weltweit weniger Wachstum, höhere Preise und mehr Unsicherheit. Das stelle auch „Erreichtes in der Geldpolitik auf den Prüfstand“, so Nagel.

Wiederholte Zinssenkung? Die EZB hat seit dem vergangenen Sommer in jeder ihrer Sitzungen die Zinsen gesenkt. Für die nächste Sitzung in zwei Wochen erwarten die Marktteilnehmer eine erneute Senkung des maßgeblichen Einlagesatzes von 2,5 auf 2,25 Prozent. Einige Mitglieder des EZB-Rates wie der österreichische Notenbankchef Robert Holzmann und auch Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel warnen angesichts der neuen Inflationsgefahren vor einem Automatismus, deshalb wird auch eine Pause bei den Zinssenkungen nicht mehr ausgeschlossen.

Kurs zu halten, wird schwer: Tatsächlich würden umfangreiche Gegenzölle der EU und eine Störung internationaler Lieferketten die Inflation im Euro-Raum eher erhöhen. Andererseits könnte China noch mehr Produkte billig auf den europäischen Markt werfen, was laut Wirtschaftsminister Robert Habeck „deflationär“ wirken würde. Gestern fielen die Rohstoffpreise weltweit und der Euro stieg gegenüber dem Dollar, was zumindest kurzfristig auf die Inflation drückt. Für alle Notenbanken wird es schwerer, einen zinspolitischen Kurs für längere Zeiträume beizubehalten.