von Florian Eder, Tim Frehler und Matthias Punz
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Während Friedrich Merz spricht, sitzt Robert Habeck auf der Regierungsbank. Noch ist er ja Wirtschaftsminister. Man sieht ihn an diesem Tag oft grinsen. Was er denkt, wird man in der Debatte nicht erfahren: Bei den Grünen geben jetzt andere den Ton an, zuvorderst die Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge und Britta Haßelmann. Sie führen die Verhandlungen mit der Union und der SPD.
Platz für neue Köpfe: Für die beiden sind diese Wochen zum persönlichen Machtmoment geworden. Nachdem Robert Habeck und Annalena Baerbock nicht mehr in der ersten Reihe stehen werden, ist dort Platz für neue Köpfe. Dröge und Haßelmann bietet sich dabei gerade die Chance, grüne Politik umzusetzen, kurz bevor der Gang in die Opposition ansteht. Also pokern sie, mit nicht gerade wenig Einsatz. Schließlich sind Abermilliarden für die Bundeswehr, Schienen und Kitas nichts, was grüner Programmatik diametral entgegenstünde. Scheitert die Sache aber, werden sich Dröge und Haßelmann fragen lassen müssen, ob es das wert war. Auch an ihre Adresse richtete sich daher Klingbeils Pathos: „Wenn die Geschichte anklopft, dann muss man die Tür öffnen.“
Sie haben noch Fragen. Noch lassen die Grünen die Geschichte nicht herein. Da half auch der Änderungsantrag nichts, den Union und SPD zu ihrem Gesetz vorlegten. Demnach sollen auch Ausgaben für den Zivil- und Bevölkerungsschutz sowie die Nachrichtendienste von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Außerdem sollen aus dem Sondervermögen bis zu 50 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds fließen können. Das Wort „Zusätzlichkeit“ stehe da aber weiterhin nicht drin, kritisierte Dröge. Und wenn das Angebot erneut sei, Milliarden von einem Sondervermögen in ein anderes zu verschieben, dabei aber kein Euro mehr für den Klimaschutz herauskomme, funktioniere das Angebot nicht.
Wunder Punkt: Zum Ende ihrer Rede traf Dröge einen empfindlichen Punkt im Verhältnis zwischen Union und SPD – die Frage nämlich, warum Ausnahmen von der Schuldenbremse für Verteidigung und ein Sondervermögen für Infrastruktur in einem Gesetz und zum gleichen Zeitpunkt beschlossen werden müssten. Sie hätten schließlich keinen „sachlichen Zusammenhang“ und es gebe keine Notwendigkeit, sie gleichzeitig zu beschließen, „außer, dass sie sich offensichtlich gegenseitig nicht trauen“.
Vorsicht, Fenster schließt: Gleichzeitig spricht daraus die Hoffnung, ein Infrastrukturpaket in den neuen Bundestag zu verschieben und zusammen mit der Linken den eigenen Einfluss zu stärken. Nun ist das Fenster allerdings sogar in grün regierten Ländern – der Bundesrat müsste ja zustimmen – nicht ewig offen: In Baden-Württemberg wird nächstes Jahr gewählt, bald beginnt der Wahlkampf. Ein generelles Wohlwollen für linke Politik als gegeben anzunehmen, könnte sich rächen.