In London schälte sich gestern zweierlei heraus: eine „Koalition der Willigen“, wie Gastgeber Keir Starmer sagte, für eine gemeinsame europäische Anstrengung zur Verteidigung der Ukraine. Und eine neue informelle Führungsstruktur in Europa. Der Eklat im Weißen Haus vom Freitag hat beides befördert.
Großbritannien ist zurück! Zusammen mit Frankreich und dem „ein oder anderen“, wie Premierminister Starmer sagte, wird er nun einen Friedensplan für die Ukraine ausarbeiten und ihn mit den USA besprechen. „Nicht jede Nation wird sich in der Lage fühlen, dazu beizutragen, aber das darf nicht bedeuten, dass wir uns zurücklehnen“, sagte Starmer.
Wer noch sprechfähig ist: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Starmer waren beide vergangene Woche bei Trump. Es hat zwar nicht im Sinne der Ukraine gefruchtet, aber beide meinen, den Mann im Weißen Haus noch zu erreichen. Italiens Premierministerin Giorgia Meloni hat das schon bewiesen, sie hat ihn am Wochenende angerufen und ans Telefon bekommen.
Die Tür bloß nicht zugehen lassen: Meloni ist die Wortführerin der Mehrheit von Staaten in Europa, die über kein eigenes atomares Arsenal verfügen. Sie sprach am Wochenende über ihre Überzeugung, dass ein „Gleichgewicht“ gefunden werden müsse zwischen europäischer Souveränität und der Einbindung von Trumps Amerika. Sie schlug gleich am Freitag einen Ukraine-Gipfel mit US-Beteiligung vor.
Meloni tut sich leichter als andere: Die meisten europäischen Staats- und Regierungschefs müssen erst verarbeiten, dass es keine gemeinsame Wertebasis mehr mit der derzeitigen US-Regierung gibt. Meloni hingegen hat den Westen nie über Minderheitenrechte, liberale Abtreibungsgesetze, Inklusion und Gleichheit definiert, sondern über Interessen. Speziell auch jenes, sich nicht von Wladimir Putin vorführen zu lassen, was sie eindeutig im Team Europe verortet.
Falls von Interesse: Auch Deutschland wird übrigens dabei sein, wie SPD-Generalsekretär Matthias Miersch bestätigte. Der Bundeskanzler hielt sich dagegen im Vagen: „Wichtig ist, dass hier noch mal alle geäußert haben, dass sie die Ukraine unterstützen wollen“, sagte Olaf Scholz nach den Beratungen in London. „Sie ist das angegriffene Land.“ Noch eine deutsche Spitzenpolitikerin trägt etwas bei: Beim EU-Gipfel Ende der Woche „werde ich einen Plan für die Wiederbewaffnung Europas vorstellen“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in London.