von Peter Ehrlich, Tim Frehler, Elena Müller und Gabriel Rinaldi
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Er werde keine führende Rolle bei den Grünen mehr beanspruchen oder anstreben, erklärte Robert Habeck gestern. Ob er sein Bundestagsmandat antreten werde, ließ er offen. Tags zuvor hatte Christian Lindner erklärt, er scheide aus der aktiven Politik aus. Unklar ist, was aus Sahra Wagenknecht, der BSW-Chefin wird, darüber werde nun parteiintern beraten, sagte Wagenknecht gestern.
Der Promifaktor: Politologen sprechen schon länger von einer Personalisierung der Politik. Dahinter steckt ein Mechanismus der Parteien, sich an neue gesellschaftliche Bedingungen anzupassen: Parteien verlören an Integrationskraft, stattdessen träten Personen in den Fokus, erklärte der Politikwissenschaftler Thorsten Faas das Phänomen einmal in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.
Der Name als Programm: Was das deutsche Parteiensystem anbelangt, hat Sahra Wagenknecht dieses Modell zuletzt auf die Spitze getrieben – nirgendwo war der Name mehr Programm als beim BSW. Doch auch FDP und Grüne galten zuletzt als Parteien, die zugeschnitten waren auf eine Person, bei den Grünen war gar von einer „Robertisierung“ die Rede. Habeck selbst sagte in einem Deutschlandfunk-Interview im vergangenen Jahr, er glaube, die Person spiele in der Politik die „alles entscheidende Rolle“, das fange schon beim Wahlakt an.
Die Schattenseite: An sich ist die Personalisierung kein schlechtes Geschäftsmodell. Politische Prozesse werden komplexer, Aufmerksamkeitsspannen geringer. Da kann es helfen, wenn sich Wählerinnen und Wähler über einen prominenten Kopf gleich mit der ganzen Partei verbunden fühlen. Die Kehrseite ist die Abhängigkeit. Wer integriert noch, wenn das Zugpferd weg ist? Es sieht so aus, als würden sich die genannten Parteien erst einmal breiter aufstellen (müssen).
Wer hebt die Hand? Bei den Grünen richten sich die Augen nun auf Annalena Baerbock. Sie gilt laut Agenturmeldungen zusammen mit Katharina Dröge als Favoritin für das Duo an der Fraktionsspitze. Bei der FDP lichteten sich gestern mit Blick auf Führungspositionen die Reihen: Generalsekretär Buschmann erklärte, er werde sich von seinem Posten zurückziehen. Auch Johannes Vogel und Konstantin Kuhle winkten ab. Lediglich Wolfgang Kubicki hob zaghaft die Hand, Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte, sie könne eine Rolle in einem Team spielen, das die Partei breiter aufstelle.
Basisarbeit: Das BSW soll dieses Jahr einen neuen Namen bekommen, sagte Wagenknecht gestern. Außerdem sollen die Parteistrukturen ausgebaut werden, etwa was professionelle Social-Media-Arbeit angehe. Co-Parteichefin Amira Mohamed Ali sagte, jetzt, nach der Bundestagswahl sollen die Verfahren zur Mitgliederaufnahme beschleunigt, die Strukturen dazu in den Landesverbänden aufgebaut und ihnen dann auch die Verantwortung dafür übertragen werden.