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Meldung

Inflation: Wahrnehmung und Wirklichkeit

Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:

Anhänger aller Parteien überschätzen, wie hoch die Inflation in Deutschland in Wirklichkeit ist. Allerdings halten insbesondere diejenigen, die einer Partei am politischen Rand zugeneigt sind, die Inflation für deutlich höher, als sie tatsächlich ist, berichtet Tim Frehler. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die gestern veröffentlicht wurde.

Wahrnehmung und Wirklichkeit: Gefragt danach, um wie viel Prozent die Verbraucherpreise in den vergangenen zwölf Monaten angestiegen sind, liegt die Antwort im Durchschnitt aller Befragten bei 15,3 Prozent. Anhänger der AfD hingegen gaben im Durchschnitt an, die Verbraucherpreise hätten 2024 um 18,7 Prozent zugelegt. Unter Sympathisanten des BSW liegt der Wert bei 18,1 Prozent, unter Nichtwählern gar bei 24,2 Prozent. Auf der anderen Seite des Spektrums finden sich die Anhänger der Grünen, die sagen, die Verbraucherpreise seien um 10,8 Prozent gestiegen. Tatsächlich lag die Inflationsrate im Jahr 2024 laut Angaben des Statistischen Bundesamts bei 2,2 Prozent.

Woher kommen die Unterschiede? Zu einem Teil ließe sich das soziostrukturell erklären, schreibt das Autorenteam der Studie, Matthias Diermeier und Judith Niehues. Unter den Anhängern der politischen Ränder seien leicht überproportional Menschen mit geringerem Haushaltseinkommen zu finden – also jene, die von höheren Preisen insbesondere bei Lebensmitteln und Sprit stärker getroffen werden.

Die Autoren halten aber eine andere Erklärung für plausibler: „Unsere Untersuchung legt nahe, dass die Anhänger der Randparteien den offiziellen Statistiken misstrauen“, sagte Diermeier. Mehr als zwei Drittel der Anhänger von AfD und BSW sind der Studie zufolge der Ansicht, die Preise, die sie zahlten, seien stärker gestiegen als die amtliche Inflationsrate. Das Thema könne gerade an den Rändern mobilisieren, sagte Diermeier. Unter Sympathisanten von AfD und BSW gebe mehr als die Hälfte an, die Inflation sei eines ihrer drei wahlentscheidenden Themen.

Blick in die USA: Dass die Wahrnehmung der Inflation eine parteiideologische Komponente haben könnte, sei bereits nach Joe Bidens Wahl in den USA Ende 2020 zu erkennen gewesen, heißt es in der Studie. Demnach hätten Republikaner die Inflation jahrelang moderater wahrgenommen als Demokraten. Mit dem Regierungswechsel zu Biden sei die Inflationswahrnehmung der Republikaner aber plötzlich nach oben gegangen und habe die der Demokraten überschritten. Relevante soziodemografische Unterschiede bestanden in der Inflationswahrnehmung nicht, schreiben Diermeier und Niehues.