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Meldung

Europas Verteidigung: Einig im Ziel, zerstritten über den Weg

Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:

Zumindest über das Ziel sind sich die Staats- und Regierungschefs der EU bei ihrem Treffen in Brüssel einig: Europa muss sich selbst verteidigen können – angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine und des schwindenden Interesses der USA. Doch wie das gelingen und woher das Geld kommen soll – darüber wird gestritten, schreibt Michael Radunski im Dossier Geoökonomie.

Das sagen die Politiker: Bundeskanzler Olaf Scholz will die Wettbewerbsregeln lockern: „Die Staaten müssen in Einkaufsprozesse anderer Staaten ohne neues Einkaufsverfahren einsteigen können.“ Frankreichs Präsident Macron will die europäische Industrie bevorzugen. Nato-Chef Mark Rutte hatte schon vor dem Gipfel die Richtung vorgegeben: Alle müssten mehr investieren – vor allem Deutschland.

Die Kosten: Laut EU-Kommission sind allein in den nächsten zehn Jahren zusätzliche Investitionen von rund 500 Milliarden Euro erforderlich. Derzeit sind im EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 aber lediglich acht Milliarden Euro für Verteidigung vorgesehen.

Woher soll das Geld kommen? Dazu gibt es mehrere Ideen. Erstens: gemeinsame Schulden. Diesen Vorschlag lehnen allerdings vor allem Deutschland, die Niederlande und Österreich ab.

Zweitens: Als ein möglicher Kompromiss in der Aufrüstungsdebatte wird der Ausbau einer Rüstungsfinanzierung durch die Europäische Investitionsbank gesehen. Die darf bislang keine Kredite für Rüstungsprojekte vergeben.

Drittens: Darlehen der EU-Kommission zu günstigen Bedingungen. Während der Corona-Pandemie hatte die Kommission auf diese Weise nationale Kurzarbeitsregelungen unterstützt.

Viertens: Theoretisch könnten bestimmte Verteidigungsausgaben bei der Berechnung nationaler Defizite ausgeklammert werden. Dann könnten die Mitglieder trotzdem das Defizitziel von drei Prozent des BIP erreichen.

Problem: Jeder macht seins. In Sachen Verteidigung herrscht in der EU Kleinstaaterei. Die Ausgaben schlagen sich deshalb nicht in entsprechenden militärischen Fähigkeiten nieder. Dass man am Montag keine Beschlüsse finden werde, war den Beteiligten wohl schon zuvor klar. Entsprechend traf man sich offiziell auch nicht zum Gipfel, sondern nur zu einem „Retreat“. Erst für den Sommer werden Entscheidungen erwartet.

Europas Verteidigung: Einig im Ziel, zerstritten über den Weg (Meldung) | SZ Dossier