Der Versuch der Union, für ihre beiden Anträge zur Migrationspolitik auch ohne die AfD-Fraktion Zustimmung zu bekommen, ist gescheitert: Bei der namentlichen Abstimmung am Mittwochabend waren 348 Abgeordnete für den sogenannten Fünf-Punkte-Plan der CDU/CSU-Fraktion, 345 Abgeordnete dagegen. Es gab zehn Enthaltungen. Der „27-Punkte-Plan“, den die Fraktion ebenfalls vorgelegt hatte, fand keine Mehrheit: 509 Nein-Stimmen überstimmten 190 Ja-Stimmen und drei Enthaltungen.
Tabubruch: Das ist ein historisches Ergebnis. Zum ersten Mal wird in der Bundesrepublik eine in Teilen rechtsextreme Partei zur Mehrheitsbeschafferin. Merz und Parteifreunde hatten versucht, über einen Passus im Antrag der AfD die Lust an der Gelegenheit zu verderben: Die Partei sei kein Partner, „sondern unser politischer Gegner“, stand da. Die AfD nutze Probleme, Sorgen und Ängste, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen.
Respice finem: Genutzt hat es nichts, und der Ertrag könnte gering sein. Merz hat es geschafft, sich von Angela Merkel durch Härte abzusetzen, von Scholz und seiner Regierung durch Risikobereitschaft. Der Unterschied zur AfD sollte darin bestehen, dass die Union nicht bloß pöbelt, sondern Unzufriedenheit mit den Verhältnissen in politisches Handeln umsetzt. Der Antrag aber war ein Appell, der Gesetzentwurf am Freitag muss durch den Bundesrat: Die Ausbeute könnte mager bleiben.
„Pfui“: Als Merz vor einer Sitzungsunterbrechung noch einmal ans Rednerpult tritt, schallen ihm „Pfui“-Rufe aus den Reihen der Sozialdemokraten entgegen. Merz versucht erneut, die „Parteien der demokratischen Mitte“ in die Verantwortung für Ergebnis und Fortgang zu nehmen. Wie, lesen Sie weiter unten in unserem Tiefgang und hier in der SZ.