von Gabriel Rinaldi, Tim Frehler und Felix Lee
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
600 Milliarden Euro werden in den nächsten zehn Jahren allein für den Erhalt und zum Ausbau der Infrastruktur benötigt. Das hatte das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zusammen mit der Hans-Böckler-Stiftung in einer Studie berechnet. IW-Direktor Michael Hüther setzt nun noch einen drauf: Weitere gut 300 Milliarden Euro brauche Deutschland, um ausreichend wehrfähig zu sein. An einer Reform der Schuldenbremse, sagte er Felix Lee von unserem neuen Dossier Geoökonomie, führe kein Weg vorbei. Und zwar jetzt.
Achtung, Sperrminorität! Gerade Deutschland müsse ein starkes sicherheitspolitisches Signal senden, sagte Hüther. Das bisherige Bundeswehrsondervermögen sei mit 100 Milliarden Euro unterausgestattet. Mindestens dreimal so viel sei nötig. Dafür braucht man aber eine Verfassungsänderung. Und die müsste mit der oppositionellen Unionsfraktion in den nächsten Wochen noch schnell durchgezogen werden. Denn nach der nächsten Bundestagswahl gibt es womöglich eine Sperrminorität aus AfD und BSW, sollten sie zusammengerechnet auf über 30 Prozent der Stimmen kommen.
Ob sich die Union darauf einlässt? „Die CDU/CSU-Opposition kann sich einer Aufstockung des Bundeswehr-Sonderhaushalts eigentlich nicht verweigern“, sagte Hüther SZ Dossier. Und auch sein Kollege, der Ökonom Jens Südekum von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, sagte SZ Dossier: „Wenn CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz klug ist und sich als wahrscheinlicher Kanzler nicht sämtliche Handlungsspielräume nehmen will, müsste seine Partei jetzt einer Reform zustimmen.“
Sozialreformen seien zwar auch nötig, betonte Hüther. Aber sich davon die mindestens 40 Milliarden Euro für die Verteidigung zu versprechen, wie das der ehemalige Finanzminister Lindner von der FDP im Sinne hatte, hält Ökonom Hüther für unrealistisch. Dass es zu einer Verfassungsänderung noch vor den Wahlen kommt, hält er nicht für völlig ausgeschlossen. „Ich glaube, die Wahrscheinlichkeit ist eher geringer als 50 Prozent.“