von Florian Eder, Gabriel Rinaldi, Tim Frehler und Valerie Höhne
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Der Tag nach dem Ende der Ampelkoalition fühlte sich für die Grünen schwerer an, als es sein müsste. Robert Habeck, Vizekanzler einer jetzt rot-grünen Minderheitsregierung (plus Volker Wissing), stand in seinem Ministerium am Rednerpult und erlaubte sich nur zweimal ein Lächeln, berichtet Valerie Höhne. Dabei ist das Aus für die Grünen auch die Chance, noch eine Weile ohne den ungeliebten Dritten zu regieren.
Lindner war’s gewesen: Habeck ließ keinen Zweifel daran, wem er die Schuld am Aus gibt. „Vermeidbar“ sei der Bruch auch gewesen, weil sein Haus Vorschläge erarbeitet habe, die die Schuldenbremse eingehalten und die Milliardenlücke trotzdem geschlossen hätten. Auf Nachfrage sagte er, seine Vorschläge hätten die „Flexibilität des Haushalts“ erhöht, konkreter wollte er nicht werden. „Wir, die grünen Kabinettsmitglieder, werden in der Regierung bleiben“, sagte er. Es sei die Entscheidung des Kanzlers, wann er die Vertrauensfrage stelle. Habecks Grüne, so staatstragend.
Kanzlerkandidat und Politphilosoph: Er selbst packte den alten Habeck aus, der er mal war oder jedenfalls sein wollte und als Kandidat wieder werden möchte. „Ich stelle erstmal eine Frage“, sagte er, „die ich nicht gleich mit einer Antwort zuballern will.“ Mit derlei Nachdenklichkeit würde Habeck die Politik gern prägen. Fragen zu stellen, öffentlich Antworten zu suchen, das braucht Zeit. Habeck hat sie nicht, nicht im Amt, nicht im Wahlkampf.
Habeck-Kampagne: Er versucht, zu jedem Wahlkampf eine Erzählung zu entwickeln, weil er glaubt, Menschen damit besser zu erreichen. Doch die dominanten Figuren der Geschichte sind derzeit Scholz und Merz. Durch Lindners Rausschmiss hat Scholz sich mindestens Zeit erkauft und, mit etwas Glück, seinem Ruf als Kanzler, der nicht führt, etwas entgegengesetzt. Für Habeck ist in dem Duell kaum Platz: Vorgestern, während Scholz drinnen in Rage über Lindner sprach, stand Habeck für sein Statement zum Ampel-Ende draußen im Dunkeln vor dem Kanzleramt.