Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird heute vor der UN-Generalversammlung sprechen und unter anderem US-Präsident Joe Biden treffen, um einen „Siegesplan“ vorzustellen. Dieser Plan soll Kyiv langfristig stärken, etwa durch einen beschleunigten Nato-Beitritt oder weniger Einschränkungen bei Militärhilfen. „Lassen Sie uns einen ersten Gipfel abhalten, bei dem wir alle zusammenkommen. Wir werden einen Plan ausarbeiten und ihn den Russen vorlegen“, sagte Selenskyj im Interview mit The New Yorker zur Frage nach Verhandlungen.
Erst die Stärkung, dann der Plan: Dazu müsse man aber einen Plan ohne die Russen ausarbeiten, „denn leider scheinen sie zu glauben, dass sie eine Art rote Karte haben, wie im Fußball, die sie hochhalten und alles blockieren können“. „Unser Plan hingegen ist in Vorbereitung“, sagte Selenskyj. „Der Siegesplan ist also ein Plan, der die Ukraine schnell stärkt. Eine starke Ukraine wird Putin an den Verhandlungstisch zwingen“, sagte er.
Chinesische Initiative in der Pipeline? Wie SZ Dossier aus ukrainischen Regierungskreisen erfuhr, plant auch China, bei der UN-Generalversammlung einen „Friedensplan“ vorzustellen. Dieser dürfte sich allerdings deutlich unterscheiden von dem, was Kyiv sich vorstellt. „Diese Generalversammlung könnte der Beginn tektonischer Verschiebungen sein, die sich direkt auf die Komfortzone auswirken werden, in der die Europäer so gerne leben“, hieß es aus der Ukraine.
Ein günstiger Zeitpunkt: Peking meine es diesmal ernst und wolle die Initiative ergreifen. Der Zeitpunkt sei günstig, die Ungewissheit vor den US-Wahlen eröffne China ein „Fenster der Möglichkeiten“. Laut Kyiv werde es so aussehen, dass der sogenannte „Globale Süden“, die BRICS mit der Rückendeckung Brasiliens und Indiens oder sogar die „Weltmehrheit“ hinter der Initiative stehen. Der Westen müsse aber verstehen, dass es nicht akzeptabel sei, dem Opfer der Aggression ein Ultimatum zu stellen.
Chinas Plan, Chinas Interessen? Wie Kyiv befürchtet, werde ein Einfrieren des Krieges nur China Vorteile bringen. Denn: Der Plan bestehe vor allem darin, Russland nicht verlieren zu lassen „in einem Krieg, dessen Hauptnutznießer seit langem China ist“. Peking, davon sind die Ukrainer überzeugt, werde mit diesem Plan versuchen, die globale Sicherheitsarchitektur auf seine Weise neu zu gestalten.