von Valerie Höhne, Gabriel Rinaldi und Tim Frehler
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Die Linke sucht nicht nur eine neue Führung, sondern auch einen neuen Kurs. Im Westen ist die Partei – außer in den Stadtstaaten – in keinem Landesparlament vertreten, dort wohnen jedoch die meisten Menschen. Es gibt daher Leute in der Linken, die eine Weststrategie fordern. Eine Fokussierung auf westdeutsche, urbane Klientel hält der Politologe Jan-Philipp Thomeczek von der Universität Potsdam allerdings nicht für ausreichend, um die Partei bundesweit über die Fünf-Prozent-Hürde zu hieven. „Wenn es gut läuft, kann die Linke in Städten wie Hamburg oder Berlin vielleicht zehn Prozent der Stimmen holen. Und das reicht einfach nicht“, sagte Thomeczek. Zumal in diesem Milieu auch die Konkurrenz durch die Grünen sehr groß sei.
Go east? In ihrem Leitantrag für den kommenden Parteitag skizziert die Partei „eine moderne linke Ostpolitik“. Dabei geht es einerseits um Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Außerdem will die Linke „die Energiewende zu einem wirtschaftlichen Erfolgsprojekt im Osten machen“ und die Daseinsvorsorge stärken. Problem nur: In Sachsen und Brandenburg könnte sie aus den Landtagen fliegen, in Thüringen Bodo Ramelow sein Amt als Ministerpräsident verlieren. „Die Basis war immer im Osten“, sagte Thomeczek. „Und die hat man verloren.“ Bei vielen Wählern sei dort einfach die inhaltliche Schnittmenge mit dem BSW größer. Ein pragmatischer Kurs wie der von Ramelow sei in den ostdeutschen Ländern wohl die beste Strategie, sagte Thomeczek. Aber da sei die Konkurrenz durch Grüne, SPD und CDU eben groß.
Was tun? „Es braucht ein neues Profil“, sagte Thomeczek. Das müsse so breit aufgestellt sein, dass die Linke damit die Fünf-Prozent-Hürde überwinden könne. Eine mögliche Strategie sieht er darin, aus den Schwächen der Ampelparteien zu profitieren, zum Beispiel der der Grünen. „Die mussten in der Koalition viele Kröten schlucken“, sagte Thomeczek. Es könnte sich also lohnen, auf deren Themen zu setzen, „um die Menschen, die sich mehr Klimaschutz wünschen, stärker an die Linke zu binden“. Aber das überlappe sich natürlich mit der urbanen Klientel im Westen. Und, so schrieb es Janine Wissler, gerade in einer Analyse, die Debatte um linke Positionen in der Klimapolitik sei innerparteilich teilweise als „Kulturkampf“ geführt worden. Es sei daher nicht gelungen, überzeugende Alternativen zu entwickeln. Da ist also erstmal Aufholarbeit nötig: Es bleibt kompliziert.