von Florian Eder, Tim Frehler und Gabriel Rinaldi
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Von der Leyens Kampf um Abgeordnetenstimmen hat bereits begonnen – sie kontrolliert die Dinge ohnehin zu gern, um allein auf Webers Aufforderungen zu bauen. In dieser Woche machte sie den wiedergewählten Fraktionsvorsitzenden Iratxe García Pérez (S&D) und Valérie Hayer (Renew) die Aufwartung, die beide erneut ihrer Erwartung Ausdruck verliehen, die Präsidentin in spe werde sich nicht mit der konservativen EKR (Meloni) einlassen.
Wenig Durchgriff: In der Vergangenheit waren die beiden aber eben nicht immer in der Lage, die im Gegenzug für rote Linien zu erwartenden Garantien abzugeben, dass ihre Abgeordneten auch für von der Leyen votieren. Die SPD-Abgeordneten etwa machten 2019 öffentlich, dass sie ihr die Stimmen verweigerten. Das ist diesmal umso riskanter, als die Liberalen gerupft sowohl aus der Wahl als auch der Fraktionsbildung danach hervorgegangen sind: Die VDL-Mehrheit besteht selbst rechnerisch aus nur noch 399 Abgeordneten, 38 über den Durst – schon zehn Prozent Abweichler wären zu viel.
Liberale auf die vier: Es zog erst die tschechische ANO des früheren Premiers Andrej Babiš aus Renew aus, inhaltlich den Macronisten nicht zugeneigt, aber mit gewichtigen sieben Mandaten ausgestattet. Die jetzt fünf Volt-Abgeordneten zogen um zu den Grünen. Im Ergebnis ist die Renew-Fraktion auf bloß noch 74 Sitze geschrumpft.
Melonis Macht: Sie wurde überholt von der EKR-Fraktion, die 83 Mitglieder zählt. Diese holte auf dem Markt der rechten Abgeordneten ein paar einzelne zu sich, profitierte von der Spaltung der Reconquête des rechtsextremen Éric Zemmour und gewann so vier neue Mitglieder, darunter übrigens Marion Maréchal, die Nichte Marine Le Pens. Als weiteren größeren Transfer holte die EKR fünf Abgeordnete der rumänischen Nationalistenpartei AUR zu sich.
Die Verstoßenen: Damit ist klar, dass Viktor Orbáns Plan nicht aufgeht, mit seinem Fidesz der EKR beizutreten. Mit einer „anti-ungarischen rumänischen Partei“ könne man nicht in einer Fraktion sein, sagte ein sehr enttäuschter Orbán. Seine zehn Abgeordneten stehen allein da, wie seit dem Rauswurf aus der EPP. Fidesz will aber nun irgendetwas Neues gründen.
So geht es auch der AfD, aus deren hochfliegenden angeblichen Fraktionsgründungsplänen bislang nichts wurde: noch ein Punkt zur Aufarbeitung auf ihrem Parteitag in Essen am Wochenende.