Auf kommunaler Ebene ist Politik weiterhin eine Männerdomäne. Ob an der Stadtspitze oder im Gemeinderat, überall sind Frauen in der Minderheit, teilweise sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern gravierend.
Zum Beispiel was die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister anbelangt: Laut einer Studie der Heinrich-Böll-Stiftung waren 2022 gerade einmal 11,7 Prozent der Stadtspitzen deutscher Großstädte weiblich. Bei ihren ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen sieht es etwas besser aus: Unter ihnen sind 19 Prozent Frauen.
Aber auch die kommunalen Vertretungen sind von Parität noch weit entfernt. Auf Kreisebene und in kreisfreien Städten beträgt der Frauenanteil dort im deutschlandweiten Durchschnitt 30 Prozent, wie der Gleichstellungsatlas des Bundesfamilienministeriums zeigt. Antworten auf diese Fragen und Probleme sucht heute auch die SPD-Bundestagsfraktion, die auf ihrer Kommunalkonferenz unter anderem darüber diskutieren will, was gegen die Unterrepräsentation von Frauen in der Kommunalpolitik hilft.
Die eine Zauberformel, um die ungleiche Repräsentation der Geschlechter zu beheben, gibt es jedoch nicht. Zu verschieden sind die Ursachen. Nach wie vor seien Probleme bei der Vereinbarkeit von Amt, Familie und Beruf eines der Hindernisse, die Frauen vor einem Engagement in der Kommunalpolitik abschrecken. Da brauche es mehr Flexibilität und digitale Möglichkeiten, was Sitzungen und Termine anbelangt, sagte Miriam Marnich. Sie leitet das Referat für Hasskriminalität und Extremismusprävention beim Deutschen Städte- und Gemeindebund und wird heute auf einem der Podien sprechen.
Zusätzlich zu diesem Spagat kommt für Frauen noch eine weitere Herausforderung hinzu. Die Gewalt, die sich gegen Amtspersonen richtet, stellt sich in ihrem Fall noch einmal anders dar. Das zeigt etwa die jüngste Ausgabe des Kommunalen Monitorings, das das Bundeskriminalamt zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden durchführt. Demnach nehmen Frauen im Vergleich zu Männern das Diskussionsklima in den Stadt- und Gemeinderäten als verrohter wahr. Außerdem sind sie stärker als Männer von Hasspostings, sexueller Belästigung, sexualisierter Gewalt und Vergewaltigungsfantasien betroffen. Und es geht nicht nur um die Politikerinnen selbst. Häufiger als bei Männern werden Familienangehörige angefeindet.
Konsequenzen hat das allerdings nur selten. Dem Monitoring zufolge brachten nur elf Prozent der Betroffenen, Frauen wie Männer, Anfeindungen zur Anzeige. Von diesen Fällen wiederum führte nur ein Prozent zu einer Verurteilung des Täters oder der Täterin, in gut einem Viertel der Fälle wurde das Verfahren eingestellt. Bei 15 Prozent gab es keine strafrechtliche Verfolgung und bei 60 Prozent steht das Ergebnis noch aus. „Viele Kommunalpolitikerinnen und -politiker sind frustriert, weil sie schon von vornherein wissen, dass es keine Folgen hat, wenn sie die Vorfälle melden“, sagte Marnich.
Was also tun? Einerseits, sagte Marnich, „ist eine viel höhere Sensibilisierung der Polizei, der Justiz und der Bürgerinnen und Bürger im Hinblick auf Anfeindungen gegenüber Kommunalpolitikerinnen nötig, auch was geschlechterspezifische Gewalt angeht“. Andererseits brauche es „nicht nur fachkundiges, sondern auch ausreichendes Personal in Polizei und Justiz, das die vielen Fälle bearbeiten kann“. Außerdem sollten ihrer Ansicht nach Betreiber sozialer Netzwerke stärker dazu verpflichtet werden, strafrechtlich relevante Posts an die Sicherheitsbehörden zu melden und rechtswidrige Inhalte unmittelbar zu entfernen. Tim Frehler