von Florian Eder, Gabriel Rinaldi, Tim Frehler und Valerie Höhne
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Macron löst Parlament auf: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Wahl nicht viel dramatischer verloren als Scholz und zeigte dem Kollegen nebenbei, wie Analyse und Aufarbeitung auch gehen können. Seine Liste kam auf etwa 15 Prozent der Stimmen, weniger als die Hälfte des Rassemblement National von Marine Le Pen. Er könne nicht so tun, als sei nichts passiert, sagt Macron und ordnete eine Neuwahl des französischen Parlaments an. „Ich habe Ihre Botschaft und Ihre Bedenken gehört und werde sie nicht unbeantwortet lassen“, sagte er den Französinnen und Franzosen.
Vom Wahlrecht und was es bewirkt: Die erste Runde wird am 30. Juni stattfinden, die Stichwahl am 7. Juli. Anders als bei der Wahl zur Assemblée Nationale gilt für das Europaparlament (in ganz Europa) Verhältniswahlrecht. Das ist ein Grund dafür, dass die seit Jahrzehnten als „republikanische Front“ bekannte Übung, in der zweiten Runde für den schärfsten Konkurrenten des jeweiligen Le-Pen-Kandidaten zu stimmen, bei der Europawahl nicht funktioniert. Dafür legt letztere alle fünf Jahre die Kräfteverhältnisse offen.
Meloni gewinnt, Salvini verliert: Premierministerin Giorgia Meloni, die selbst für ihre Fratelli d'Italia kandidiert hatte, hat in Italien gewonnen. Im Jahr 2019 erhielt Meloni noch sechs Prozent, Hochrechnungen deuten nun auf ein Ergebnis von mehr als 28 Prozent hin. Die Lega von Matteo Salvini, vor fünf Jahren fulminanter Wahlsieger, verliert weiter und könnte hinter Forza Italia zur kleinsten Kraft innerhalb der Koalition werden. Meloni zementiert ihre Führungsposition im rechten Block, Salvini steht zunehmend unter Druck.
Schau her, SPD: Einen Achtungserfolg legen die italienischen Sozialdemokraten des Partito Democratico hin, die hinter Meloni mit einem Ergebnis von rund 24 Prozent auf dem zweiten Platz landen. Ein deutlich schlechteres Ergebnis von etwas mehr als zehn Prozent erhielt die populistische Fünf-Sterne-Bewegung.
Tusk deklassiert PiS: Der polnische Premierminister Donald Tusk und seine christdemokratische Partei namens Bürgerkoalition haben die Wahl der polnischen Abgeordneten des Europaparlaments deutlich gewonnen. Tusks Partei erhielt rund 38 Prozent der Stimmen, die oppositionelle Recht und Gerechtigkeit (PiS) 34 Prozent.
Starker Mann: Es ist das erste Mal seit 2015, dass Tusks Partei alleine, ohne Koalitionspartner, das Rennen gegen die PiS gewinnt. Das Ergebnis stärkt Tusks Position als Führungskraft der EVP in Europa weiter.
Wenn das der Standard für Rücktritte würde: „Für uns war es ein besonders schwieriger Abend, wir haben verloren. Ab morgen bin ich ein zurücktretender Premierminister“, sagte Belgiens Alexander De Croo. Seine flämischen Liberalen kamen auf nicht einmal sechs Prozent, ein Rückgang um drei Punkte im Vergleich zu 2019. Auch der Parteivorsitzende kündigte seinen Rücktritt an. De Croo wird geschäftsführend im Amt bleiben, bis eine neue Regierung gebildet ist. Das kann dauern, soll es aber nicht: „Ich bin überzeugt, dass wir schnell eine neue Regierung mit vollen Befugnissen brauchen“, sagte er. „Das Signal der Wähler ist eindeutig.“