von Felix Kartte, Christina Brause und Benjamin Läpple
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Schattenspieler:
Wo die Demokratie ohnehin taumelt, kann Russland sie vielleicht zu Fall bringen.
In Moldau scheut der Kreml keine Mühen, um das unter Beweis zu stellen, spätestens bis zur Präsidentschaftswahl im Herbst. „Moskau hat das Budget für seine Einflusskampagne in Moldau noch mal aufgestockt, ungefähr 50 Millionen Euro waren es schon 2023“, sagt Valeriu Pasha, der einen Think-Tank in Moldaus Hauptstadt Chișinău betreibt. „50 Millionen – das sind 0.3 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts, umgerechnet auf Deutschland wären das ungefähr 11 Milliarden Euro, die Russland in einem Jahr in Desinformation und Subversionsversuche steckt“, rechnet er vor.
Seliges Berlin. 150.000 Euro hätten Kreml-Agenten im vergangenen Monat allein in Facebook-Anzeigen in Moldau gepumpt. Zum Vergleich, die SPD hat laut Facebook-Werbearchiv im April weniger als 10.000 Euro für bezahlte Anzeigen zum Europawahlkampf ausgegeben.
KI als Waffe: Im Fadenkreuz der Kampagnen immer wieder: Moldaus Präsidentin Maia Sandu. Sie ist heute in Berlin, zu Besuch bei Bundeskanzler Olaf Scholz. Wegen ihrer Harvard-Vita wird sie von der Kreml-Propaganda gern als Fleischwerdung westlicher Dekadenz dargestellt. Es kursieren irreführende Videos. In einem verkündet ihr KI-generierter Avatar, sie plane die öffentliche Gesundheitsversorgung abzuschaffen. In Moldau erreichen manche dieser Kampagnen mehrere Millionen Views, in einem Land also, das weniger Einwohner hat als Berlin.
Die Konsequenzen: messbar. Das sagt Valeriu Pasha. Laut Umfragen seines Instituts sei Putins Beliebtheit in der moldauischen Bevölkerung im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen, während die Unterstützung für den demokratischen Kurs der aktuellen Regierung bröckelt. Sollte Moldau seine Ambition auf einen EU-Beitritt aufgeben, dann wäre das nicht zuletzt ein geostrategischer PR-Gau für Brüssel.
Kein lokales Phänomen: Auch in anderen Ländern aus Moskaus Möchtegern-Einflusssphäre ist die Reichweite von Desinformation offenbar beträchtlich: 45 Prozent der Tschechen seien in den ersten Monaten dieses Jahres laut aktueller Analyse des Central European Digital Media Observatory mit Desinformation in Berührung gekommen. In der Slowakei waren es demnach sogar 58 Prozent. Die Reichweite von Desinformation sagt allerdings noch nichts über ihre Wirkung aus.