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Meldung

Politisches Stalking

Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:

Angriffe auf Politikerinnen und Politiker beschäftigen heute auch den Bundesrat. Die sächsische Landesregierung hat einen Gesetzesantrag auf die Tagesordnung gesetzt, mit dem das Strafrecht verschärft werden soll, um Amts- und Mandatsträger besser zu schützen. Staatssekretär Conrad Clemens sieht „Regelungslücken und Bedarf, Dinge nachzuschärfen“. Zentraler Punkt ist die Einführung eines neuen Straftatbestandes, bei dem es um sogenanntes politisches Stalking geht. Denn „den Ermittlungsbehörden fehlt oft die Rechtsgrundlage“, sagt Clemens.

Ausmaß und Details des Problems zeigen Zahlen aus der Herbstbefragung des „Kommunalen Monitoring“, das das Bundeskriminalamt gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden durchführt. Zwischen Mai und Oktober 2023 haben die Fachleute mehr als 2000 haupt- und ehrenamtliche Bürgermeister und Landräte befragt. Die Auswertung, die SZ Dossier vorliegt, zeigt: Mehr als jeder dritte Befragte (38 Prozent) wurde in dem Zeitraum angefeindet – schriftlich oder verbal, in Form von Hasspostings oder tätlichen Übergriffen. Dabei traf es insgesamt eher jüngere Amtsträger und eher jene, die in Ostdeutschland tätig sind, berichtet Tim Frehler.

Auffällig auch: In knapp vier von fünf Fällen (78 Prozent) waren die Täter des letzten Vorfalls den Betroffenen bekannt. Aufschluss gibt die Untersuchung auch zur Motivation, die die Opfer hinter den Tätern vermuten. Demnach wird die überwiegende Mehrheit (81 Prozent) der Anfeindungen der persönlichen Haltung des Täters zugeschrieben. Unzufriedenheit und Frust gelten in fast einem Viertel der Fälle (23 Prozent) als Motivation, gefolgt von der Unzufriedenheit über kommunale Entscheidungen (18 Prozent). Politisch oder religiös motiviert seien hingegen 19 Prozent der Vorfälle.

Ignorieren oder anzeigen? Den Vorfall, den sie zuletzt erlebt haben, haben 26 Prozent ignoriert. Nur elf Prozent der Betroffenen gaben an, Anzeige erstattet zu haben, acht Prozent sagten, sie hätten die Vorfälle gesammelt und dann der Justiz übergeben. Unter jenen Fällen, die angezeigt wurden, kam es lediglich in einem Prozent der Fälle zu einer Verurteilung, wobei in mehr als der Hälfte das Ergebnis noch aussteht.

Den Vorstoß aus Sachsen sieht die FDP-Abgeordnete und Juristin Linda Teuteberg skeptisch. „Strafrechtsverschärfungen sind nicht das Mittel der Wahl“, sagte sie SZ Dossier. Körperverletzung, Sachbeschädigung oder Nötigung seien bereits heute strafbar. Wichtiger sei die „konsequente und zügige strafrechtliche Verfolgung solcher Taten“. Außerdem solle es für Amts- und Mandatsträger länger und einfacher möglich sein, ihre privaten Daten im Melderegister sperren zu können.

Respekt statt Verachtung: Teuteberg mahnt aber auch an, nicht nur an „Symptomen herumzudoktern“. „Es war und ist in Deutschland schick, verächtlich auf Parteien zu blicken. Richtig ist es deshalb aber nicht“, sagt die FDP-Politikerin. Vielmehr brauche es ein gesellschaftliches Klima, das geprägt sei von „Respekt statt Verachtung für politisches Engagement in Parteien“.

Politisches Stalking (Meldung) | SZ Dossier