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Meldung

Das Urteil am Hofe

Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:

„Vorbehaltlos“ unterstützt der Bundesrechnungshof die Bemühungen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zur Konsolidierung des Haushalts, so steht es in seinem Bericht zum Haushalt 2025. Der „Hof“ regt sogar an, noch mehr zu sparen. Grüne und SPD sehen das kritisch. „Der Bundesrechnungshof hat eine wichtige Funktion für uns Haushälter und ich schätze ihn für viele konkrete Berechnungen oder bei Verkehrsprojekten. Beim Thema Staatsverschuldung wäre allerdings weniger Meinung und mehr ökonomische und differenzierte Analyse sinnvoll“, sagte der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler SZ Dossier.

Klartext: Die Finanzierung der Aufrüstung der Bundeswehr sei laut Bundesrechnungshof nach Aufbrauch des Sondervermögens „unsicher“, die des klimaneutralen Umbaus der Wirtschaft „unklarer denn je“. 90 Prozent der Haushaltsmittel seien fest gebunden, es gebe „keinen Risikopuffer, keinerlei Spielräume“. Der – mit Abstand – größte Kostenpunkt sind Ausgaben für den Sozialstaat. 175,67 Milliarden Euro sollen dem Ministerium von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im kommenden Jahr zur Verfügung stehen. Bundesrechnungshof-Chef Kay Scheller regte einen „durchgreifenden Konsolidierungsplan“ an, der alle gesellschaftlichen Gruppen berücksichtige.

Alternativen: Die SPD aber wird in diesem Bereich nicht kürzen. „Das schließe ich aus“, hatte Bundeskanzler Olaf Scholz, ungewohnt entschieden, im Februar verkündet. Wer nicht sparen kann, braucht mehr Geld. Der Rechnungshof lehnt die Neuaufnahme von Schulden ab, sie würden das Problem „nur scheinbar“ lösen. „Sie schaffen neue“, sagte Scheller. Kindler hält davon wenig: „Wir haben die niedrigste Staatsschuldenquote der G7-Staaten und ein riesiges Investitionsdefizit. Je später wir diese Investitionen tätigen, desto teurer werden sie.“

Generationengerechtigkeit andersrum gedacht: Die hohen Zinskosten, die FDP und Rechnungshof vor allem als ungerecht gegenüber kommenden Generationen kritisieren, findet Kindler weniger problematisch. „Ein Beispiel: Wenn wir eine 30-jährige Bundesanleihe erneuern müssen, dann müssen wir den Zinsunterschied für die nächsten 30 Jahre sofort zahlen. Weil wir aus einer Niedrigzinsphase kommen und die Zinsen jetzt höher sind, sind die kurzfristigen Kosten momentan auch höher.“ Das sei reine „Buchungssystematik“ und „verzerrt die reale Lage“, sagte er.

Er hat noch ein Argument dafür, dass die Generation, die heute am Fleischtopf sitzt, auch mal an sich denken könne: „Auf Brücken, die wir jetzt bauen, werden auch meine Kinder und Enkel noch fahren. Ist es gerecht, wenn nur unsere Generation die Brücke finanzieren muss?“

Das Urteil am Hofe (Meldung) | SZ Dossier