von Florian Eder, Valerie Höhne und Gabriel Rinaldi
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Familienministerin Lisa Paus kürte die Kindergrundsicherung zum „größten sozialpolitischen Reformprojekt der Ampel“, zur „Antwort auf Kinderarmut in Deutschland“. So hoch gehängt, darf das Vorhaben aus ihrer Sicht nicht scheitern. Aber die Koalition hat inzwischen ausreichend Erfahrung darin, dass gut gemeint nicht reicht.
Fünftausend! Die Kindergrundsicherung ist ein kompliziertes Gesetzesvorhaben. Dass Paus dafür rund 5000 neue Stellen veranschlagt, damit eine neue Behörde Datensätze zusammenführt und die Auszahlung übernimmt, zeugt davon (und auch vom Stand der Verwaltungsmodernisierung).
Absurd, nennt das die FDP. SPD-Chef Lars Klingbeil wunderte sich über die hohe Zahl der Stellen. Realo-Grüne sind, berichtet meine Kollegin Valerie Höhne, ebenfalls nicht begeistert vom Paus-Vorschlag. Die Frage ist, wer noch mit Verve dafür ist (oder ob die FDP so laut zetert, dass die Grünen hinter Paus die Reihen schließen). Scheitert das Vorhaben?
Öffentliches Verhandeln: Kosten und Komplexität sind das eine Problem; der Umgang innerhalb der Koalition ist das andere. „Es gab zwischenzeitlich sieben interministerielle Arbeitsgruppen, die über die wirklich komplizierten Knackpunkte beraten sollten. Die sind aber nicht richtig ins Arbeiten gekommen, weil die Diskussion immer wieder in die Öffentlichkeit geschleift wurde“, sagt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen SZ Dossier.
Nun liegen die komplizierten Fragen bei den Abgeordneten. „Wir haben umfangreiche Prüfbitten an die beteiligten Ministerien gehabt“, sagt Jensen. Die fünf Papiere, von denen nach SZ-Dossier-Informationen inzwischen vier geeint sind, sind nun Grundlage der Diskussion. Zeit für Vertraulichkeit blieb jedoch erneut nicht viel.
Alter Wein: Zu Ostern sagte Paus der „Rheinischen Post“, mit den 5000 angedachten Stellen wolle man „von der Holschuld der Bürger zur Bringschuld des Staates kommen“. Über den Satz regte die FDP sich auf, auch wenn er nicht neu ist. Paus sagte ihn schon einmal, im August vergangenen Jahres bei der Vorstellung des Vorhabens. Neben ihr saß damals FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner. Der schwieg – er hatte gerade Paus‘ Forderung nach 12 Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung beerdigt und war entsprechend zufrieden.
Nun aber fordert die FDP die Überarbeitung. Gyde Jensen hofft, dass das Kinderchancenportal, das Leistungen aus dem Bildungsbereich bündeln und digitalisieren soll, aus dem Gesetzentwurf herausgelöst wird, und dann schneller umgesetzt werden kann. „Das ist kompliziert genug“, sagt sie.
Paus aber, so deutete sie auf X an, ist dagegen. Klar ist, käme es so, wäre der Rest der Kindergrundsicherung in großer Gefahr. Am Montag sollen nach SZ-Dossier-Informationen die Berichterstatter-Gespräche weitergehen.