von Roman Deininger und Gabriel Rinaldi
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Der Bundestag macht sich Gedanken darüber, wie man das Hohe Haus und seine Mitarbeiter besser vor Extremismus schützen kann. Nachdem Recherchen des Bayerischen Rundfunks in dieser Woche offengelegt hatten, dass die AfD im Bundestag über 100 Rechtsextremisten beschäftigt, fanden Abgeordnete fraktionsübergreifend klare Worte und forderten Konsequenzen.
Großer Handlungsbedarf: Konstantin von Notz, Grünen-Innenpolitiker und Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums, schätzt den Handlungsbedarf als groß ein. „Deshalb befassen sich die zuständigen Gremien aktuell mit dem Ausbau der rechtlichen Möglichkeiten, um dieser immanenten Gefahr für unsere parlamentarische Demokratie angemessen zu begegnen“, sagte von Notz SZ Dossier. „Angestellte der AfD sind teilweise Mitglieder der Jungen Alternative, der Identitären Bewegung und des Vereins Ein Prozent. Sie sind bestens vernetzt in die organisierte rechtsextreme Szene. Auch werden gewaltbereite rechtsextreme Akteure in zahlreichen Büros beschäftigt“, so von Notz. Der Zugang zu den Liegenschaften des Bundestages, vor allem aber zu sensiblen Informationen, sei eine ernstzunehmende Bedrohung.
Schärfere Sicherheitschecks: Derzeit kann die Bundestagspolizei bei der Sicherheitsprüfung nicht auf Daten des Verfassungsschutzes zugreifen und damit Extremisten nur schwer erkennen. Sollte man das ändern? Das Ziel müsse sein, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Stephan Thomae, Extremisten, die ein potenzielles Sicherheitsrisiko darstellen, auch zuverlässig zu erkennen und dann die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. „Darüber müssen wir jetzt beraten“, so Thomae. „Im vergangenen Jahr wurden die Hausordnung sowie die Zutrittsregelung bereits deutlich verschärft. Ob dies angesichts der jüngsten Enthüllungen ausreichend ist, um den Deutschen Bundestag umfänglich zu schützen, muss jetzt ergebnisoffen in den zuständigen Gremien geprüft werden.“
Keine Gesinnungsprüfung: Maja Wallstein (SPD) sagte, dass Menschen, die in Organisationen und Vereinen aktiv sind, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft sind, nicht über Hausausweise und freien Zugang in das Zentrum unserer Demokratie verfügen sollten. „Dabei geht es nicht um eine Gesinnungsprüfung, sondern darum auszuschließen, dass dienstliche Informationen missbraucht werden“, so Wallstein. Die AfD-Mitarbeitenden stellen laut der SPD-Abgeordneten ein Sicherheitsrisiko dar. Nicht nur für das Parlament und die sensiblen Informationen, sondern auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Abgeordneten und die Demokratie als solche. „Die bisherigen Prüfungen reichen offensichtlich nicht aus. Denkbar wären entsprechende Sicherheitsüberprüfungen wie bei einer Einstellung beim BKA“, sagte Wallstein.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas gefordert: „Sollte sich dieser Pressebericht bewahrheiten, muss Frau Bas umgehend handeln. Es wäre absolut inakzeptabel, wenn die AfD Rechtsextremisten beschäftigt“, sagte Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Es sei zudem entlarvend, sollten tatsächlich Personen bei der AfD beschäftigt sein, die von der Partei zuvor wegen extremistischer Umtriebe offiziell ausgeschlossen worden sind. „Wir dulden im Deutschen Bundestag keine Extremisten“, sagte Frei.
Hohe Hürden: Die im Grundgesetz geregelte Freiheit des Abgeordnetenmandats überlässt den Parlamentariern die Entscheidung, wen sie einstellen – die Bundestagsverwaltung übernimmt lediglich die Bezahlung. Überlegt wird daher nun auch, Extremisten von dieser Bezahlung auszuschließen. Dann müssten sich die Abgeordneten selbst darum kümmern. Die Bundestagsverwaltung ließ eine Anfrage von SZ Dossier bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Apropos rechte Netzwerke: Wie meine SZ-Kollegen recherchiert haben, hat Gloria von Thurn und Taxis im Sommer 2023 mit Hans-Georg Maaßen zum Spendendinner eingeladen. Nicht nur die Werteunion kam, sondern auch so manche Gäste, die sich später in Potsdam erneut treffen sollten. Mehr lesen Sie hier.