Olaf Scholz hat in dieser Woche nicht nur Stierkämpfe geführt, sondern auch einen regen Besucherverkehr im Kanzleramt bewältigt. Mit militärischen Ehren hieß er Staats- und Regierungschefs aus Malaysia, Thailand und von den Philippinen willkommen. Wichtige Begegnungen mit asiatischen Partnern, schließlich will die Ampel die Abhängigkeit von China reduzieren. Doch die bedeutendste Zusammenkunft steht erst an diesem Freitag im Kanzlerkalender.
Weimar is back: Gleich zwei Gäste darf Scholz begrüßen, den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk. Deutschland, Frankreich, Polen: Das ist das Weimarer Dreieck, ein Dialogformat, das seit 1991 den Namen seines Thüringer Gründungsorts trägt. Eine ganze Weile hat das Dreieck ein kühles Schattendasein geführt, was nicht nur daran lag, dass in Polen von 2015 bis 2023 mit der nationalkonservativen PiS eine Partei regierte, deren Spezialität nicht der Dialog war. Sondern schon auch am gepflegten Desinteresse der deutschen Seite – und am manchmal nicht mal gepflegten Desinteresse der französischen.
Nun ist Polen zurück in Europa, zurück im Dreieck, und der Zeitpunkt könnte kaum günstiger sein. Nicht ausgeschlossen, dass sich Tusk in Berlin auch mal wie der Therapeut vorkommt, der das lädierte Verhältnis von Scholz und Macron reparieren soll. Die beiden haben zuletzt eindrücklich vorgeführt, dass die ebenso romantische wie alte These, Deutsche und Franzosen allein könnten der Motor der EU sein, längst als widerlegt gelten muss.
Das neue Europa braucht einen Kern von Führungsstaaten. Dass zu diesem Kern zwingend eine starke Stimme aus Osteuropa gehören muss, hat der russische Krieg gegen die Ukraine klargemacht (man hätte es natürlich auch früher kapieren können). Während Scholz heute in Berlin seine Gäste empfängt, beginnt in Russland die Präsidentenwahl; so richtig spannend ist die Sache nicht. Scholz, Macron und Tusk dürften dieses Timing als Verpflichtung verstehen, endlich mal wieder die Einigkeit Europas zu demonstrieren.
Am Wochenende steigt Scholz dann wieder selbst in den Regierungsflieger, es geht zu Gesprächen nach Israel und Jordanien.