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Briefing

Platz der Republik,

Eine Woche teurer Entscheidungen

Guten Morgen. Dieser Tage stehen im Terminkalender von Friedrich Merz besonders wichtige Termine: Heute Mittag gibt der Bundeskanzler im Parlament eine Regierungserklärung zum Nato-Gipfel und dem Treffen des EU-Rates ab, dann geht es für ihn in den Flieger eben dort hin – zunächst zur Nato nach Den Haag, am Donnerstag dann zur EU nach Brüssel.

Doch vor einem erneuten Auftritt auf der Bühne der Weltpolitik beschließen Kanzler und Kabinett am Morgen zunächst noch die Finanzplanung bis 2029. Was die Planungen von Finanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil für die Verschuldung bedeuten, lesen Sie heute im Tiefgang.

Willkommen am Platz der Republik.

1.

„Die Sorgen bezüglich der Eskalation im Nahen Osten, der weiteren Eskalation, sind natürlich groß“, sagte der neue BDI-Präsident Peter Leibinger gestern beim „Tag der Industrie“. Vor Reporterinnen und Reportern betonte er, es gebe eine ganze Reihe Brandherde auf der Welt – dabei nannte er auch Handelskonflikte zwischen den USA und China. „Die Gefahr, dass einer dieser Brandherde außer Kontrolle gerät, wächst einfach exponentiell mit der Anzahl der Herde“, mahnte er. Dennoch sei die Weltwirtschaft erstaunlich resilient.

Momentaufnahme: Für das laufende Jahr prognostizierte der BDI gestern einen Rückgang des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,3 Prozent. Besonders die US-Zölle wirken laut der Rechnung des Verbands belastend. Wie BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner ausführte, kosten die angekündigten US-Zölle Deutschlands Wirtschaft etwa 0,3 Prozentpunkte Wachstum. Sollte man sich mit Washington auf Zölle in Höhe von zehn Prozent einigen, seien es noch 0,1 Prozent. Der Konsum wachse moderat, hauptsächlich getrieben durch öffentliche Ausgaben.

Vorzeichen stimmen wieder: „Die Unternehmen agieren weiter verhalten, nicht weil sie es möchten, sondern weil sie dazu gezwungen sind“, sagte Leibinger. Die Industrieproduktion liege um deutliche neun Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019, die Kapazitätsauslastung betrage lediglich 77 Prozent. Das Vorzeichen stimme jetzt aber wieder, fügte er hinzu: „Wenn die Bundesregierung den angekündigten Weg weiterverfolgt, dann besteht eine echte Chance für einen Aufschwung im nächsten Jahr.“

Auftreten in Brüssel: Es gebe nach wie vor ein echtes Stimmungsproblem in der Wirtschaft, man müsse Vertrauen wieder aufbauen. Leibinger nannte hier etwa die Energiepreise und den Bürokratieabbau. „Wir brauchen einen massiv stärkeren Auftritt der deutschen Regierung in Brüssel“, betonte er in Hinblick auf die Bürokratie. Gleichzeitig mahnte der BDI-Präsident, dass auch die Industrie ihren Beitrag leisten müsse. In seiner Rede sprach Leibinger von der Gemeinwohlpflicht des Unternehmertums: „Wir sind gefordert, viel stärker für unsere soziale Marktwirtschaft einzutreten im öffentlichen Diskurs, statt in vertrauten Zirkeln Politikbashing zu betreiben und immer nur Forderungen an die anderen zu stellen.“

2.

„Wir nehmen das Angebot zur engen Zusammenarbeit an“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz. In seiner Rede beim „Tag der Industrie“ betonte Merz, die Regierung wisse, was sie zu tun habe. „Wir müssen vor allem die Wettbewerbsfähigkeit unseres deutschen Standortes durchgreifend verbessern“, sagte er. Es gehe um die preisliche Wettbewerbsfähigkeit, präzisierte er. „Wir haben seit 20 Jahren in Deutschland keine Steuersenkungen mehr gehabt, wir machen sie in einer Koalition zusammen mit den Sozialdemokraten.“ Der „Investitions-Booster“ sei nur ein erster Schritt.

Vertrauen statt Misstrauen: Wie der Kanzler betonte, werde es die Regierung allein nicht schaffen. Man müsse das „Mindset unserer ganzen Gesellschaft“ verändern. „Es gibt nicht für jede ökonomische Entscheidung und auch nicht für jede politische Entscheidung eine Kaskoversicherung“, sagte Merz. Das Vorsorgeprinzip habe dazu geführt, dass es so viele Regulierungen gebe, „dass wir damit handlungsunfähig zu werden drohen“.

Erwartungsmanagement: Den Erwartungen von Industrie und Gesellschaft müsse die Regierung entsprechen und harte politische Entscheidungen treffen, um zu zeigen, dass sie es ernst meine. „Spätestens zum Ende des nächsten Jahres müssen die wesentlichen Entscheidungen dieser Bundesregierung getroffen worden sein“, sagte Merz. Mit Blick auf die Verhandlungen mit den USA sagte er, die EU verhandle viel zu kompliziert. „Wir wollen nicht das Beste vom Besten, sondern wir wollen das Wichtigste vom Notwendigen“, sagte er. Heißt: wenige große Entscheidungen in existenziellen Bereichen.

Wehrpflicht: Für die Unternehmerinnen und Unternehmer hatte er auch ein praktisches Thema dabei. Geld sei nicht das entscheidende Problem für die Bundeswehr, sondern qualifiziertes Personal. „Die Bundeswehr muss zurück in die Mitte unserer Gesellschaft“, sagte er. Ein Aufwuchs gehe nicht ohne die Unterstützung der Wirtschaft. Die Unternehmerinnen und Unternehmer sollen es ihrem Personal möglich machen, regelmäßig an Militärübungen teilzunehmen. „Es war ein Fehler, wie wir spätestens heute wissen, die Wehrpflicht auszusetzen“, sagte Merz.

Weltpolitik: Es gebe keinen Grund für den Kanzler, das zu kritisieren, was Israel gegen Iran begonnen habe und für das, was Amerika am letzten Wochenende getan habe. „Es ist nicht ohne Risiko, aber es so zu belassen, wie es war, war auch keine Option“, sagte der Kanzler. Seit dem Wochenende kenne die Regierung neue Erkenntnisse, dass bestimmte Mengen von Uran herausgenommen und an andere Orte transportiert worden seien – das scheine mit ein Grund gewesen zu sein für die Handlungen von Israel und den USA. „Die Evidenz, dass der Iran auf dem Weg weiter voranschreitet, eine Atomwaffe zu bauen, die kann man nicht mehr ernsthaft bestreiten“, sagte er.

Merz ist zuversichtlich: „Wir wissen im Augenblick nicht wirklich, wie stark die iranische politische Führung, die Streitkräfte und diese sogenannten Revolutionsgarden im Iran noch sind“, sagte Merz. Die Gegenwehr bleibe aber „weit“ hinter dem zurück, „was wir eigentlich befürchten mussten“ – auch vonseiten der Proxies von Iran. Eine Blockade der Straße von Hormus hätte laut Merz mittelbare Folgen, die man noch nicht absehen könnte. „Ich bin einigermaßen zuversichtlich, dass es nicht zu größeren Weiterungen kommt“, sagte er.

Am Abend griff Teheran einen US-Militärstützpunkt in Katar an. Wie US-Präsident Donald Trump auf Truth Social schrieb, habe Iran die USA vorher informiert. Trump bezeichnete den Vergeltungsangriff als „sehr schwache Antwort“ auf das US-Bombardement. Iran habe 14 Raketen abgefeuert, davon seien 13 abgefangen worden – eine sei in eine nicht bedrohliche Richtung geflogen. Teheran betonte, die Zahl der eingesetzten Raketen habe „exakt der Anzahl der Bomben“ entsprochen, die die USA bei ihrem Angriff verwendet hatten. Zudem stellte Trump in der Nacht eine Waffenruhe zwischen Israel und Iran in Aussicht. Alle aktuellen Entwicklungen gibt es hier.

3.

Die Sperrung der Straße von Hormus ist die schärfste mögliche Antwort, die Iran in Folge der US-Angriffe geben kann. Eine Blockade hätte katastrophale Folgen. Durch die 38 Kilometer schmale Meerenge werden täglich 20 Millionen Barrel Rohöl – rund 20 Prozent des gesamten Weltverbrauchs – und 25 Prozent des globalen LNG-Handels transportiert. Pipelines können das nicht auffangen.

Der Ölpreis würde binnen kürzester Zeit explodieren: Das Gros des iranischen Öls geht an China. Erhalten die Chinesen das nicht mehr, würden sie es von woanders beziehen. Ökonomen der Deutschen Bank fürchten, dass der Preis für das Barrel Rohöl der Sorte Brent auf 120 US-Dollar steigt, aktuell liegt er bei 78 US-Dollar. Ein solcher Preisschock würde die Importkosten für die Eurozone und Deutschland um etwa ein Prozent des BIP erhöhen und die fragile Konjunkturerholung abwürgen. Auch dürfte die Inflation um etwa einen Prozentpunkt wieder steigen, schreibt Michael Radunski von unserem Dossier Geoökonomie.

Mehr Geld für Putin: Steigende Öl- und Gaspreise würden die Nachfrage nach Russlands Exporten erhöhen – und so neue Einnahmen für den Kreml generieren. Ein Effekt, den der Westen durch Sanktionen und Preisdeckel unbedingt verhindern will. Eine Blockade der Meeresenge ist ein wiederkehrendes Drohszenario, das Iran aufbaut. Die Umsetzung ist allerdings schwierig: Ein erheblicher Teil liegt in den Hoheitsgewässern Omans und der Vereinigten Arabischen Emirate, Iran darf nicht einfach den Schiffsverkehr stoppen. Eine Blockade würde zudem zu einer noch schärferen Konfrontation mit den USA führen.

Realistischer ist eine temporäre Störung der Handelsroute – etwa durch GPS-Störungen. Schon jetzt leiten erste Reedereien ihre Tanker um. Auch das griechische Schifffahrtsministerium rät Reedereien, die Route zu überdenken – all das ohne tatsächliche Blockade.

4.

Im Kanzleramt und den europäischen Hauptstädten hofft man, dass der heute beginnende Nato-Gipfel weniger chaotisch verläuft als der G7-Gipfel vergangene Woche: Bisher gehen alle davon aus, dass US-Präsident Donald Trump an der entscheidenden Sitzung am Mittwochvormittag teilnimmt, die nur zweieinhalb Stunden dauern soll. Die kurze Schlusserklärung ist bereits von den Botschaftern aller 32 Mitgliedsstaaten, einschließlich der USA, genehmigt worden.

Der Kern der Einigung: Die Mitglieder steigern ihre Ausgaben für äußere Sicherheit von heute mindestens zwei auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Entscheidung werde das Militärbündnis „stärker, fairer und tödlicher“ machen, gab sich Nato-Generalsekretär Mark Rutte martialisch. Die sei im Interesse von einer Milliarde Einwohner der Nato-Staaten und angesichts der wachsenden Bedrohungen nötig.

Bedrohung durch Russland und China: Es gehe darum, das Bündnis so zu stärken, dass niemand es wage, auch nur einen Quadratmeter Boden eines Mitgliedslandes anzugreifen. Russland nannte er wie stets als Hauptgegner, mehrfach erwähnte Rutte aber auch China als kommende Bedrohung. Zu den Meetings am Rande der offiziellen Sitzung gehört daher auch ein Treffen mit asiatischen Staaten.

Bundesregierung zufrieden: Von deutscher Seite zeigte man sich zufrieden mit der Einigung. Das sei ein sehr starkes Zeichen, hieß es gestern aus Regierungskreisen. Die Grundausrichtung des Gipfels bleibe, dass die Bedrohung durch Russland steige und das Bündnis deshalb seine Verteidigungsfähigkeit steigern müsse. Die Gipfelerklärung werde sich klar zu Artikel 5 bekennen, der gegenseitigen Beistandspflicht.

Weitere Hilfen für die Ukraine: Alle bisherigen Unterstützungserklärungen für die Ukraine sollen zudem bestätigt werden; Präsident Wolodomir Selenskij wird bei dem Treffen erwartet. Aus Regierungskreisen hieß es, dass es künftig einen Ukraine-Nato-Rat auf Ebene der Außenminister geben werde. Zudem zeigte man sich zuversichtlich, gegenüber Kyiv weitere Zusagen zur finanziellen Unterstützung machen zu können: Laut Rutte sind für 2025 schon 35 Milliarden Euro zugesagt.

Wenn das Kabinett heute früh zusammenkommt, wird unter Leitung von Kanzler Friedrich Merz (CDU) eine Art Doppelwumms beschlossen, um noch einmal die Terminologie seines Vorgängers Olaf Scholz (SPD) zu gebrauchen: Die Kreditaufnahme des Bundes steigt in den nächsten Jahren rasant, und im Gegenzug können sich Bau- und Rüstungsindustrie auf milliardenschwere neue Aufträge einstellen, zusätzlich zu den schon vorbereiteten Steuerentlastungen.

Gestern wurden die Kernzahlen für die Bundeshaushalte 2025 und 2026 sowie für die Finanzplanung bis 2029 veröffentlicht, die Minister Lars Klingbeil (SPD) heute im Kabinett und dann der Presse präsentiert. Nun ist schwarz auf weiß zu sehen, wie die Verfassungsänderungen mit den Ausnahmen von der Schuldenbremse umgesetzt werden. Dabei führt die Sonderregelung für Verteidigung und Sicherheit – für alle Ausgaben über 1,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts dürfen Schulden gemacht werden – zu deutliche mehr neuen Krediten als das neue Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz. Allerdings müssen die Zinsen für beides am Ende aus dem normalen Haushalt bezahlt werden.

Im vergangenen Jahr betrug die Nettokreditaufnahme im normalen Haushalt plus Kredite für das bisherige Bundeswehr-Sondervermögen 50,5 Milliarden Euro. In diesem Jahr sollen es schon 143,1 Milliarden Euro sein, davon entfallen 37,2 Milliarden auf das neue Infrastruktur-Sondervermögen. Wenn 2028 das alte Sondervermögen Bundeswehr (aus heutiger Sicht schlappe 100 Milliarden Euro) ausgeschöpft ist, gehen alle zusätzlichen Sicherheitsausgaben zu Lasten der Nettokreditaufnahme im normalen Haushalt. Bis 2029 soll die Aufnahme neuer Schulden für alle Töpfe auf rund 185 Milliarden Euro steigen, etwa vier Prozent des bis dahin erwarteten Bruttoinlandsprodukts.

Dieser Anstieg der Neuverschuldung sei zwar nicht schön, heißt es im Finanzministerium, aber nun einmal „für neues und stärkeres Wachstum“ und für die Stärkung der inneren und äußeren Sicherheit nötig. Rechnet man neue Schulden von Ländern und Gemeinden sowie mögliche Defizite der Sozialversicherungen hinzu, könnten daraus auch 4,5 bis 5 Prozent werden, also deutlich mehr als die berühmten drei Prozent aus dem Maastricht-Vertrag.

Tat sich Deutschland lange schwer, die Rüstungsausgaben auf die schon 2015 beschlossenen zwei Prozent des BIP zu erhöhen, sollen sie nach den erstmals 2024 erreichten 2,0 Prozent auf 2,4 Prozent in diesem Jahr und 3,5 Prozent in 2029 steigen. Damit würden die Forderungen der Nato schon fast erfüllt. Die wird morgen in Den Haag eine Aufstockung der reinen Verteidigungsausgaben gemäß dem neuen Anforderungsprofil auf 3,5 Prozent beschließen, plus 1,5 Prozent ergänzender Sicherheitsinvestitionen etwa in der Infrastruktur – fällig bis 2035.

Allein der Haushalt von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) soll von 62,4 Milliarden Euro in diesem Jahr um rund 250 Prozent auf 152,8 Milliarden in 2029 steigen. Auf die „Bereichsausnahme“ Sicherheit entfallen außerdem Ausgaben für Zivilschutz, Geheimdienste und IT-Sicherheit (diese steigt von 4,4 Milliarden in 2025 auf 6,4 Milliarden in 2029) plus über acht Milliarden Euro pro Jahr für die Unterstützung der Ukraine.

Die Investitionen außerhalb des Militärs sollen ebenfalls stark steigen: von 74,5 Milliarden im vergangenen Jahr auf 123,6 im nächsten Jahr. Ein kleinerer Teil kommt jeweils aus dem aus CO₂-Abgaben gespeisten Klimafonds. Ausgaben aus dem neuen Infrastruktur-Sondervermögen wachsen schon 2026 auf über 50 Milliarden, im Gegenzug sinken die Investitionen im Kernhaushalt leicht.

Der klassische Teil der kommenden Haushalte muss die Mindereinnahmen aus dem „Investitionsbooster“ (Sonderabschreibungen und Senkung der Körperschaftsteuer), der Senkung der Stromsteuer und der Mehrwertsteuer in der Gastronomie sowie der höheren Pendlerpauschale verkraften. Dies alles sei in der Finanzplanung bis 2029 berücksichtigt, hieß es.

Aus diesen Mindereinnahmen sowie der steigenden Zinslast und der Pflicht, Kredite aus der Coronazeit und dem Bundeswehr-Sondervermögen zurückzuzahlen, ergibt sich für den Teil des Haushalts ohne Ausnahmeregelungen reichlich Sparbedarf. Schon in den vergangenen Wochen musste Klingbeil Regierungskreisen zufolge Ausgabewünsche seiner Kabinettskollegen in Höhe von rund 50 Milliarden Euro zurückweisen. Ein Leidtragender bei den Einsparungen ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit ärmeren Ländern.

Nach der für den Kernhaushalt zunächst weiter geltende Schuldenbremsen-Regelung sinkt die dort erlaubte Nettokreditaufnahme auf unter fünf Milliarden Euro. Zwar hat Klingbeil den noch offenen Einsparungsbedarf („globale Minderausgabe“) für dieses und nächstes Jahr auf einige wenige Milliarden reduziert, aber ab 2027 dürfte es wieder Probleme im zweistelligen Bereich geben.

Kleiner Hoffnungsschimmer: Die Regierung hat mit dem Netto-Wachstum von einem Prozent für 2026 gerechnet, wie es ihrer offiziellen Schätzung entspricht. Die meisten Wirtschaftsforschungsinstitute sind inzwischen optimistischer, was mehr Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen bedeutet.

von Peter Ehrlich

5.

Kaum Besserung in Sicht: Die neue Bauministerin Verena Hubertz (SPD) will „bauen, bauen, bauen“. Dass es damit bislang nicht so recht lief, zeigen Zahlen, die der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) gestern vorgestellt hat. Laut dessen Prognose werden in diesem Jahr in Deutschland etwa 218 000 Wohnungen fertiggestellt – gut 34 000 weniger als im vergangenen Jahr. 2026 sollen es nur noch 200 000 sein.

Investitionen gehen zurück: Die Investitionen der vom GdW repräsentierten Unternehmen gehen laut der Prognose in diesem Jahr um 10,8 Prozent im Vergleich zu 2024 zurück, im Neubau beträgt der Rückgang voraussichtlich fast 20 Prozent. Die Ursachen sieht Verbandspräsident Axel Gedaschko in den hohen Baupreisen und Zinsen, massiven Auflagen und einer unzureichenden Förderkulisse.

Vorschlag „Fast Lane“: Der GdW schlägt daher vor, die EU-Notfallverordnung zur Energiewende auf den Wohnungsbau zu übertragen. Die sieht unter anderem schnellere Verfahren für den Bau von Windrädern und Stromleitungen vor. Es brauche jetzt eine rechtliche Grundlage, um Bauverfahren für bezahlbaren Wohnraum drastisch zu beschleunigen, sagte Gedaschko.

Zu langsam, zu teuer: Der „Bau-Turbo“ von Ministerin Hubertz sei zwar ein wichtiger Schritt, viele andere Gesetze seien aber so ausgestaltet, dass sie in ihrer Absolutheit dazu führten, dass an vielen Stellen gar nicht oder erst nach sehr langen und kostentreibenden Maßnahmen gebaut werden könne, sagte Gedaschko.

6.

Masken-Affäre: Der Haushaltsausschuss des Bundestages soll in dieser Woche den Bericht über die Maskenbeschaffungen in der Corona-Pandemie erhalten. Einige Passagen im Werk von Sonderermittlerin Margaretha Sudhof sollen aber geschwärzt werden, sagte Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) kürzlich der Rheinischen Post. Dabei geht es um personenbezogene Mitarbeiterdaten, Geschäftsgeheimnisse betroffener Unternehmen und Dinge, die laufenden Prozesse mit Lieferanten betreffen.

Freigabe erteilt: 16 Unternehmen haben sich nun gestern mit einem Schreiben an Gesundheitsministerin Warken und die Mitglieder des Haushaltsausschusses gewandt. Darin verzichten sie auf die Schwärzung ihrer Daten. Stellvertretend für die 16 Unternehmen schreibt Tanja Gulden, Geschäftsführerin der Color GmbH im baden-württembergischen Keltern, es handle sich bei der Gruppe um Unternehmen, die dem Bundesgesundheitsministerium im Open-House-Verfahren Schutzmasken geliefert haben. Das garantierte den Lieferanten damals die Abnahme der Masken zu einem festgeschriebenen Preis.

Morgen tagt der Ausschuss: Weil sie noch immer darauf warteten, dass das Ministerium ihnen den Kaufpreis aus den geschlossenen Verträgen bezahle, klagen einige von ihnen vor diversen Gerichten – „oder haben ihre Klage nach Abschluss einer Vergleichsvereinbarung zurückgenommen“, heißt es in dem Schreiben. Es sei daher anzunehmen, dass sie zu den „betroffenen Unternehmen“ zählen und im Bericht genannt werden. Der Ausschuss tagt morgen. Dort wollen sich Gesundheitsministerin Warken und Jens Spahn zu der Angelegenheit äußern.

7.

Entwicklungspolitik unterstützt internationale Ordnung: Auf die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit, auch für die wirtschaftliche und politische Zukunft Deutschlands, hat der Vorstandssprecher der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Thorsten Schäfer-Gümbel, bei der gestrigen Jahrespressekonferenz verwiesen: „Die GIZ engagiert sich mit und für ihre Partner für nachhaltigen Wohlstand, für Frieden und Sicherheit weltweit – und damit auch in Deutschland.“

Notwendige Kooperation: „In einer Zeit globaler Umbrüche ist Deutschland mehr denn je auf vielfältige und stabile Partnerschaften angewiesen“, sagte GIZ-Aufsichtsratsvorsitzender und Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Niels Annen. Das schaffe die deutsche Entwicklungspolitik, indem sie belastbare Beziehungen in alle Welt aufbaue.

Hilfe, die wirkt: Im vergangenen Jahr haben die GIZ und ihre Partner 2,2 Millionen Geflüchtete und Binnenvertriebene sowie fünf Millionen Bewohnerinnen und Bewohner aufnehmender Gemeinden unterstützt. 2,5 Millionen Menschen konnten ihr Einkommen erhöhen und 15,1 Millionen Menschen haben erstmals oder verbesserten Zugang zu moderner Energieversorgung erhalten, wie aus der Bilanz 2024 hervorgeht.

Warnung vor Kürzungen: Zeitgleich appellierten gestern 30 Organisationen, darunter Brot für die Welt, Caritas international, die Kindernothilfe und Oxfam, an die Bundesregierung, die Entwicklungshilfe nicht zu kürzen. Die schwarz-rote Koalition dürfe den Kurs einiger Geberländer nicht mitgehen, zitiert das Redaktionsnetzwerk Deutschland aus dem Aufruf. Deutschland sollte mit gutem Beispiel vorangehen und andere Länder ermutigen, ebenfalls in eine gerechtere Welt zu investieren.

Die Kommunen müssen zu hundert Prozent entlastet werden.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat den Druck auf den Bund erhöht, Länder und Kommunen bei den erwarteten Steuerausfällen in Milliardenhöhe durch das Investitionspaket zu unterstützen

Für den Sozialdemokraten Ralf Stegner hat sein Einsatz für das umstrittene SPD-Friedensmanifest Konsequenzen: Er soll nicht erneut in das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Deutschen Bundestags entsendet werden. An diesem Dienstag werden die SPD-Vertreter in der Fraktion nominiert – und neu in das Gremium soll unter anderem die brandenburgische Abgeordnete Sonja Eichwede gewählt werden, berichtet Georg Ismar in der SZ.

Das Gremium, das für die Kontrolle von Bundesnachrichtendienst, dem Militärischen Abschirmdienst und dem Bundesamt für Verfassungsschutz zuständig ist, wird sich ohnehin personell sehr verändern: Der CDU-Abgeordnete Marc Henrichmann soll neuer Vorsitzender und das PKGr von 13 auf neun Mitglieder verkleinert werden. Der erfahrene Außen- und Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter verliert seinen Platz, wie wir berichteten.

Das Kontrollgremium tagt stets geheim, was die Mitglieder zu besonderen Geheimnisträgern macht. Der Bundestag muss die nominierten Mitglieder dann noch wählen – bisher sitzt daher kein AfD-Vertreter darin. Für die Linke soll die Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek in das Gremium gewählt werden. Auch hier hat die Union bereits Widerstand angekündigt.

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