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Briefing

Platz der Republik,

Bund sagt Ländern finanzielle Entlastung zu

Guten Morgen. Die Außenminister mehrerer europäischer Länder und Irans wollen sich am Freitag treffen, um über das iranische Atomprogramm zu beraten. Das berichtete zuerst Reuters. Demnach wollen in Genf zunächst die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens mit der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas zusammenkommen, danach ist ein gemeinsames Gespräch mit dem iranischen Außenminister geplant.

Ziel der Gespräche ist demnach, Teheran zu einer Garantie zu bewegen, das Atomprogramm lediglich für zivile Zwecke zu nutzen. Dem Treffen soll laut des Berichts ein „strukturierter Dialog auf Expertenebene“ folgen. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte zuvor auf X mitgeteilt, er unterstütze die Bemühungen von Außenminister Johann Wadephul, gemeinsam mit London und Paris Kontakt mit Iran zu suchen. Dies sei mit den USA abgestimmt.

Derweil beschwerte man sich in Teheran über Merz’ Äußerung, Israel erledige mit dem Angriff auf das Land „für uns“ die „Drecksarbeit“. Laut Informationen von Reuters und dem Spiegel wurde der deutsche Botschafter von der iranischen Regierung einbestellt.

Willkommen am Platz der Republik.

1.

Sie haben sich ausgiebig beieinander bedankt und einmütig das „vertrauensvolle Verhältnis“ und die „konstruktive Zusammenarbeit“ gelobt: Als Bundeskanzler Friedrich Merz und die aktuellen Vertreter der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Michael Kretschmer (CDU, Sachsen) und Olaf Lies (SPD, Niedersachsen), gestern mit rund eineinhalb Stunden Verspätung vor die Journalistinnen und Journalisten traten, wollten sie die Sorgen vor einem Bruch zwischen Bund und Ländern beim Thema „Investitionsbooster“ offenbar schnell zerstreuen.

Punkt für die Länder: Die MPs zeigten sich zufrieden, denn der Bund hat „befristete und unmittelbare“ finanzielle Entlastungen für Einnahmeausfälle wegen des geplanten Investitionsprogramms für die Wirtschaft zugesagt, wie es in einem Ergebnisprotokoll heißt, das SZ Dossier vorliegt. Für die Länder ist das ein Erfolg. Schließlich sieht es so aus, als erhielten sie zunächst eine Kompensation für die Steuerausfälle, profitierten hinterher aber trotzdem von möglichen Mehreinnahmen.

Noch offen: Die Details dazu müssen Bund und Länder in den kommenden Tagen noch ausarbeiten. Man wolle am Wochenende weitersprechen, sagte Kretschmer. Bislang ist unklar, ob die Steuereinbußen der Länder und Kommunen vollständig ausgeglichen werden und auf welchem Weg Geld vom Bund fließen soll. Bis zur Beratung des Entlastungspakets am kommenden Donnerstag im Bundestag will die MPK einen fertigen Beschluss vorlegen.

Auf Wiedervorlage: Die Verhandler haben sich daneben eine weitere Hausaufgabe mit auf den Weg gegeben. Damit künftig gilt, wer bestellt, bezahlt, wollen Bund und Länder einen „verständlichen, dauerhaften und überprüfbaren“ Regelmechanismus erarbeiten. So soll sichergestellt werden, dass der Bund einen finanziellen Ausgleich bezahlt, wenn seine Gesetze bei Ländern und Kommunen zu Mehrausgaben oder Mindereinnahmen führen. Geschehen soll das über „die Berücksichtigung von Umsatzsteuerpunkten oder -festbeträgen“.

Arbeit für die Ferien: Die Details soll eine Arbeitsgruppe auf Ebene des Bundeskanzleramtschefs und der Chefs der Staatskanzleien ausarbeiten – und zwar „bis nach der Sommerpause und vor einem weiteren Anwendungsfall“. Dieser Ausgleichsmechanismus soll verhindern, dass Bund und Länder bei jeder einzelnen Maßnahme erneut verhandeln müssen.

2.

„Israel ist in der Pflicht, diese unmittelbare Bedrohung zu belegen“, sagte Grünen-Außenpolitikerin Luise Amtsberg SZ Dossier. Die völkerrechtlichen Hürden für einen Präventivschlag seien aus gutem Grund sehr hoch – die israelische Regierung habe den Militärschlag mit dem Schutz ihres Landes vor einer unmittelbaren Bedrohung durch Iran gerechtfertigt. „Die bloße Behauptung reicht aber nicht aus“, sagte Amtsberg; jedenfalls entspricht sie nicht den Standards der Grünen-Berichterstatterin für den Nahen Osten.

Achtsame Sprache bitte! „Friedrich Merz Äußerung, Israel würde für uns die ‚Drecksarbeit‘ machen, ist zutiefst verstörend“, sagte Amtsberg. In Teheran bangten nach den Evakuierungsaufforderungen Millionen Menschen um ihre Sicherheit und ihre Zukunft – und auch in Israel seien die Menschen in „großer Sorge vor der anhaltenden Eskalation“, wusste Amtsberg zu berichten.

Abschiebestopp: „Die Bundesregierung sollte außerdem unverzüglich einen Abschiebestopp für den Iran auf den Weg bringen“, forderte sie. Die Grünen-Fraktion habe aufgrund der Lage zeitnahe Sondersitzungen des Verteidigungsausschusses und des Auswärtigen Ausschusses beantragt.

Waffenlieferungen: Israel müsse verteidigungsfähig sein, sagte Amtsberg. „Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass gelieferte Waffen nicht völkerrechtswidrig eingesetzt werden.“ Das sei besonders mit Blick auf den Krieg in Gaza zentral. „Waffen, die in Gaza eingesetzt werden können, sollten nicht geliefert werden“, forderte die Grünen-Politikerin.

Sanktionen: Die Lage im Gazastreifen dürfe nicht aus dem Blick verloren werden, dessen Zivilbevölkerung nach wie vor mit einem Stopp der Hilfslieferungen konfrontiert sei. „Zudem muss die Bundesregierung zügig Sanktionen gegen israelische Minister, Siedlergruppen und Unternehmen, die den völkerrechtswidrigen Siedlungsbau unterstützen, auf den Weg bringen“, sagte Amtsberg.

3.

Noch gilt das Lieferkettengesetz (LkSG), das Bundeskanzler Friedrich Merz abschaffen will. Also sind auch Beschwerden möglich, wenn ein Unternehmen seine Sorgfaltspflichten in der Lieferkette nicht einhält. Das sieht die pakistanische Gewerkschaft National Trade Union Federation (NTUF) bei dem Textildiscounter KiK und dessen Zulieferer Mount Fuji gegeben. Gemeinsam mit der Menschenrechtsorganisation ECCHR hat die Gewerkschaft deshalb eine Beschwerde beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingereicht. Sie liegt Bastian Mühling von unserem Dossier Nachhaltigkeit vorab vor. KiK bestreitet auf Anfrage die Vorwürfe.

Beschwerde mit Vorgeschichte: Nach Vorwürfen gegen den KiK-Lieferanten Mount Fuji im September 2023 setzte sich KiK für ein Gewerkschaftsabkommen zwischen Mount Fuji und NTUF ein. Ein Jahr später bescheinigte das BAFA KiK, seine Sorgfaltspflichten nach dem LkSG nicht verletzt zu haben. In der aktuellen Beschwerde wenden sich NTUF und einzelne betroffene Arbeiterinnen und Arbeiter per Drittwiderspruch auch gegen den BAFA-Bescheid. Das BAFA äußerte sich auf Anfrage von SZ Dossier nicht fristgerecht.

Nichts verändert? ECCHR-Juristin Annabell Brüggemann war in Pakistan vor Ort und hat sich dort mit Arbeiterinnen und Arbeitern der Zuliefererfirma getroffen. „Die Gespräche haben gezeigt, dass sich nichts geändert hat.“ Trotz des bestehenden Abkommens zwischen NTUF und Mount Fuji. Die konkreten Vorwürfe: „Verletzung von Arbeits- und Gewerkschaftsrechten, zum Beispiel durch Vorenthaltung angemessener Löhne und die Unterdrückung gewerkschaftlicher Organisierung“. Zudem seien der Beschwerde zufolge 144 Arbeiter und Arbeiterinnen, darunter auch gewerkschaftlich aktive Personen, entlassen worden.

Was KiK sagt: Die Textilfirma zeigte sich auf Anfrage überrascht. „Uns liegen bis jetzt keinerlei neue Hinweise oder Beschwerden zu diesem Thema vor“, sagte ein Sprecher. Es seien auch keine neuen Meldungen von Arbeiterinnen und Arbeitern bei KiK eingegangen. KiK überprüfe seine Zulieferer regelmäßig, heißt es. Mit Blick auf das Gewerkschaftsabkommen sagte der Sprecher: „Wir gehen davon aus, dass in diesem Arbeitsverhältnis ebenso auf die Einhaltung aller Sorgfaltspflichten geachtet wird.“ Zudem verweist er auf den BAFA-Bescheid.

4.

Angesichts wachsender Zweifel an der Stabilität der USA suchen viele Investorinnen und Investoren nach Alternativen zu US-Dollar-basierten Anlagen. Darin sieht nicht nur China eine Gelegenheit zur Stärkung seiner Landeswährung, berichtet unser Dossier Geoökonomie. Auch die EU sollte die „historische Chance“ ergreifen, raten die Ökonomen Olivier Blanchard und Angel Ubide. In einem Policy Brief des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) fordern sie die Schaffung eines gemeinsamen Anleihemarktes, sprich: Eurobonds.

Ein europäischer Anleihemarkt wäre eine sichere Alternative zu US-Staatsanleihen und könnte die Finanzierungskosten europäischer Staaten senken, schreiben die Ökonomen. Zudem würde die EU als stabilisierender Akteur im globalen Finanzsystem an Bedeutung gewinnen.

Während der Finanzkrise im Zentrum der Debatte: Deutschland lehnte Eurobonds damals konsequent ab. Zwar bleibt die Bundesregierung grundsätzlich skeptisch gegenüber Eurobonds, wenn diese lediglich dazu dienen, Schulden aufzunehmen und sie auf die Mitgliedstaaten zu verteilen. Allerdings signalisiert Deutschland inzwischen Offenheit für gemeinsame europäische Finanzierungen – etwa im Verteidigungsbereich oder bei der Unterstützung der Ukraine.

Ökonomen warnen vor Untätigkeit: Konkret schlagen die Ökonomen Blanchard und Ubide die Einführung von „Blue Bonds“ vor. Die EU-Staaten würden bis zu 25 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in gemeinsame Eurobonds umwandeln, die Vorrang vor nationalen Anleihen mit individuellen Zinssätzen hätten. Mit einem Volumen von rund 5000 Milliarden Euro entstünde so ein liquider Markt, der mit dem US-Finanzmarkt konkurrieren könnte.

Um der Öffentlichkeit den „Bauturbo“ vorzustellen, haben sich Bauministerin Verena Hubertz und Finanzminister Lars Klingbeil (beide SPD) eine Baustelle in Berlin-Mitte ausgesucht. Da stehen sie nun – im Hintergrund ein Gerüst – und kündigen an, was das Kabinett gestern Morgen beschlossen hat. Vereinfacht gesagt, bedeutet das: „Bauen, bauen, bauen.“ So jedenfalls wünscht es sich Ministerin Hubertz. Und damit alle sehen, dass sie es ernst meint, sagt sie „Ärmel hochkrempeln“, als sie sich mit Klingbeil zum Foto aufstellt.

Die Symbolik ist klar: Hubertz will anpacken, „einfach mal machen“, wie sie sagt. Und der „Bauturbo“ soll es richten. Im Kern sollen Kommunen dadurch die Möglichkeit erhalten, von bisher geltenden Vorschriften des Planungsrechts abzuweichen – etwa davon, einen Bebauungsplan zu erstellen. Hubertz‘ Ministerium argumentiert, auf diese Weise könne ein Haus oder ein ganzer Straßenzug über die vom Bebauungsplan vorgesehenen Maße hinaus aufgestockt werden, „ohne dass der Plan zuvor geändert werden müsste“. In innerstädtischen Bereichen, in denen es keinen Bebauungsplan gebe, könne in Zukunft ohne einen solchen gebaut werden.

Das soll Tempo machen. Baupläne aufzustellen oder zu ändern, dauere in „einer großen deutschen Stadt im Durchschnitt fünf Jahre“, heißt es aus dem Bauministerium. Jetzt könne die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben zulassen – vorausgesetzt die Gemeinde stimmt zu, dafür hat sie zwei Monate Zeit. „Wir werden aus den fünf Jahren jetzt zwei Monate machen“, kündigt Hubertz an. Die neue Regel soll befristet bis zum 31. Dezember 2030 gelten.

Leichter werden soll aber nicht nur der Neubau, sondern auch die Erweiterung von Wohngebäuden und die Umwidmung von Gewerbe zu Wohnraum. Der sogenannte Umwandlungsschutz soll um fünf Jahre verlängert werden. In angespannten Wohnmärkten sollen Mietwohnungen damit nicht ohne Weiteres in Eigentumswohnungen umgewandelt werden können.

Neu ist, dass für die Anwendung des Gesetzes keine Mindestanzahl an Wohneinheiten mehr notwendig ist und infolgedessen Einfamilienhäuser genehmigt werden können. Das war der Union ein Anliegen. Im Referentenentwurf war noch von „mindestens sechs Wohnungen“ die Rede.

Bauministerin Hubertz geht es aber nicht nur ums Tempo, sie will mit dem Gesetz auch Kosten senken: „2,5 Milliarden werden wir jährlich einsparen“, sagt sie auf der Baustelle. Laut Angaben aus ihrem Ministerium entfallen davon 1,7 Milliarden Euro auf die Verwaltung, 505 Millionen auf die Bürgerinnen und Bürger und 334 auf die Wirtschaft.

Dass Hubertz das Vorhaben gemeinsam mit Finanzminister Klingbeil vorstellt, zeigt, dass man dem Projekt innerhalb der SPD offenbar große Bedeutung zumisst. Aufzuholen gibt es jedenfalls einiges: Olaf Scholz ließ sich 2021 als „Kanzler für bezahlbares Wohnen“ plakatieren, seine Bauministerin Klara Geywitz sollte sich daran versuchen, 400 000 neue Wohnungen pro Jahr zu organisieren – und scheiterte jedes Jahr. Am Ende entwickelte sich aus dem Themenkomplex Mieten, Bauen, Wohnen vor allem ein Wahlkampfbooster für die Linke.

Jetzt soll es Hubertz richten. Den Fehler, sich auf eine Zahl festzulegen, an der sie Jahr für Jahr gemessen wird, beging sie gestern nicht. Sie sprach lieber davon, „agile Ziele“ festzulegen: Man arbeite eher an Zahlen wie Quadratmeterpreisen, Bauzeiten und Baukosten, sagte sie. Ein Ziel aber gab auch die neue Ministerin aus: „Man wird uns nachher daran messen können, ob bezahlbarer Wohnraum essenzieller Natur entstanden ist.“

In der Opposition bestehen allerdings Zweifel daran, ob der „Bauturbo“ dafür geeignet ist. „Der Entwurf enthält keine konkreten Vorgaben, was gebaut werden soll“, sagt Kassem Taher Saleh, der baupolitische Sprecher der Grünen: Wie etwa werde sichergestellt, dass nicht Luxusappartements oder Villen auf der grünen Wiese gebaut würden? Auch, dass es für die Kommunen durch das Gesetz einfacher wird, glaubt Taher Saleh nicht. Er befürchtet vielmehr einen „Eingriff in das Planungsrecht, der zu komplexen Folgen führt“ – und für die Behörden am Ende vor allem viele Einzelfallentscheidungen bedeute.

Erst einmal muss der „Bauturbo“ nun aber das parlamentarische Verfahren durchlaufen. In Kraft treten soll er im Herbst.

von Tim Frehler

5.

Digitale Dachmarke: Sie soll Einheitlichkeit schaffen, wird aber nicht einheitlich eingesetzt: die digitale Dachmarke. Nur das Bundesministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung (BMDS) hat seine Webseite nach den vorhandenen Kriterien ausgerichtet, alle anderen Ressorts und das Kanzleramt ignorieren den digitalen Baukasten bisher. Die Anwendung sei derzeit „freiwillig“, sagte ein Sprecher des Bundespresseamtes unserem Dossier Digitalwende.

Modulares Set: Bei der digitalen Dachmarke handelt es sich um vier standardisierte Bausteine, die Betrug und Desinformation vorbeugen sollen. Die Domains aller staatlichen Seiten sollten auf „gov.de“ enden. In einer Kopfzeile wird festgehalten, dass es sich um eine „offizielle Website der Bundesrepublik Deutschland“ handelt. Ein aus 16 Teilen zusammengesetzter Bundesadler steht als Bildzeichen bereit. Ein Designsystem soll den restlichen Aufbau von Seiten und das Nutzererlebnis einheitlicher gestalten.

Startklar: Seit Dezember steht die Dachmarke zur Verfügung – das Bundespresseamt spricht von einer Pilotierungsphase, in der das Set „laufend optimiert“ werde. Domain-Endung, Kopfzeile und Logo sind allerdings gesetzt. Sie könnten direkt von allen Bundesressorts genutzt werden. Das BMDS stimmt derzeit mit den Ländern eine Rechtsverordnung ab, die zumindest in einem Teilbereich die rechtliche Lage ändern soll. Für alle bund-länderübergreifenden Angebote wird die Dachmarke dann verpflichtend, findet der Entwurf des Bundes Zustimmung.

6.

Zeitenwende: Ein Eckpunktepapier aus dem Verteidigungsministerium zeigt, wie Boris Pistorius die Bundeswehr „kriegstüchtig“ machen will. Dafür soll das Gesetz zur Beschleunigung von Beschaffungsmaßnahmen für die Bundeswehr umfassend überarbeitet werden. Zunächst soll das ursprünglich bis Ende 2026 geltende Gesetz bis 2035 verlängert werden. Außerdem soll der Anwendungsbereich auf alle „Aufträge zur Deckung der Bedarfe der Bundeswehr“ ausgeweitet werden – also auch Verbrauchsmaterial umfassen. Das Eckpunktepapier, das SZ Dossier vorliegt, sieht einige zentrale Änderungen vor.

Mehr Start-ups, keine Losvergabe, kein Klagestopp: Die Pflicht, Vergaben in einzelne Lose aufzuteilen, soll bis Ende 2030 ausgesetzt werden. Dafür sollen Start-ups stärker in Beschaffungsverfahren eingebunden werden, um so Innovationen zu fördern. Auch sollen Vergabeverfahren nicht mehr automatisch gestoppt werden, wenn Klagen eingereicht werden. Die aufschiebende Wirkung von Beschwerden soll ausgeschlossen werden. Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten können demnach bei Sicherheitsinteressen ganz vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.

Ausnahmen vom EU-Vergaberecht: Die Bundesregierung will verstärkt von Art. 346 AEUV Gebrauch machen, der Ausnahmen vorsieht, wenn Sicherheitsinteressen Deutschlands betroffen sind. Die Versorgungssicherheit durch die Produktion von Waffen, Munition und Kriegsmaterial im Inland soll gesetzlich als Sicherheitsinteresse festgeschrieben werden. Neue Regelungen sollen verhindern, dass Wohngebiete oder Windräder die Funktionsweise von Luftverteidigungsradargeräten stören. Der Gesetzentwurf soll spätestens am 23. Juli in die Ressortabstimmung gebracht werden. Ziel ist ein Kabinettsbeschluss in der Kabinettssitzung am 16. Juli.

7.

Diplomatisches Stühlerücken: Das Kabinett hat gestern eine Reihe von neuen diplomatischen Besetzungen beschlossen. Jens Hanefeld, bisheriger Botschafter in Äthiopien, wird Botschafter in Washington. Dort war er zwischenzeitlich Vizebotschafter, arbeitete in den USA aber auch schon als Lobbyist bei Volkswagen.

Weiter geht’s: Die Ampel-Staatssekretäre im Außenministerium werden ebenfalls versorgt. Susanne Baumann geht nach London, Thomas Bagger wird Botschafter in Rom. Miguel Berger, bisheriger Botschafter in London, geht nach Warschau. Vertreter beim Heiligen Stuhl in Rom wird derweil, wie wir bereits berichtet hatten, BND-Präsident Bruno Kahl.

UN und EU: Ricklef Beutin, Leiter der Zentralabteilung im Auswärtigen Amt, wird Ständiger Vertreter Deutschlands bei den Vereinten Nationen. UN-Botschafterin Antje Leendertse wechselt nach Genf. Die deutsche EU-Botschaft in Brüssel wiederum wird besetzt durch Thomas Ossowski und neuer Nato-Botschafter wird Detlef Wächter, der bisherige Botschafter in Norwegen.

Merz sollte mal ein Klo putzen. Dann wüsste er, was Drecksarbeit bedeutet.

Linken-Chef Jan van Aken reagiert im Gespräch mit der SZ auf die Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz zum Nahost-Konflikt

Die Entscheidung der Bundestagsverwaltung, wonach sich ein queeres Netzwerk von Bundestagsmitarbeitenden dieses Jahr nicht offiziell am Christopher Street Day (CSD) in Berlin beteiligt, sorgt für Unbehagen in der Koalition: Eine Gruppe von sechs SPD-Abgeordneten fordert von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, eine Teilnahme des Regenbogennetzwerks zu ermöglichen.

In einem Brief an Klöckner und den Direktor beim Deutschen Bundestag heißt es laut der dpa, dass dies von der Hausleitung untersagt worden sei, habe man mit „großem Befremden“ zur Kenntnis genommen. „Wir halten dies für ein falsches und in der aktuellen gesellschaftlichen Lage leider auch fatales Signal“, heißt es in dem Schreiben. Zuvor hatten sich bereits Abgeordnete von Grünen und Linken zu Wort gemeldet.

Nach Angaben des Bundestags hatte Direktor Paul Göttke die Entscheidung getroffen, „dass die Bundestagsverwaltung als solche, insbesondere aufgrund der gebotenen Neutralitätspflicht, nicht an politischen Demonstrationen und öffentlichen Versammlungen teilnimmt“. Einzelnen Beschäftigten stehe die Teilnahme am CSD jedoch frei. In dem Brief sorgt gerade die Passage für Unverständnis: Schließlich gehe es beim CSD auch darum, sich für die Werte des Grundgesetzes einzusetzen, zu denen die Achtung der Menschenwürde und das Diskriminierungsverbot zählten.

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