Es gab ein zentrales Motiv in der ersten Regierungserklärung von Bundeskanzler Friedrich Merz: „Wir wollen regieren, um unser Land aus eigener Kraft heraus voranzubringen“, sagte er. Schwarz-Rot will nach seinen Worten das Versprechen vom „Wohlstand für alle“ erneuern und neuen gesellschaftlichen Zusammenhalt stiften. Die knapp einstündige Rede, von Merz in weiten Teilen abgelesen, hat den Ton für seine Kanzlerschaft gesetzt.
Zum leichteren Vergleich, was nachher auch eingehalten wird: Hier die Kernpunkte.
Verantwortung – nicht nur für Deutschland. „Als Bundesregierung werden wir unsere Energie darauf richten, Europa einen großen Schritt voranzubringen in einer Zeit, in der wir als Kontinent in unserer Stellung auf der Welt neu vermessen werden und ihn neu verteidigen müssen“, sagte Merz. Europa blicke auf Deutschland, erwarte etwas von Deutschland. „Die neue Bundesregierung nimmt diese Verantwortung an“, stellte Merz klar. Die deutsche Außenpolitik soll europäische Außenpolitik sein.
Drei Grundsätze: Als er auf die Ukraine kam, wiederholte der Kanzler seine drei Prinzipien. Deutschland stehe erstens klar an der Seite Kyivs, die Unterstützung bleibe zweitens eine „gemeinsame Anstrengung der Europäer, der Amerikaner und anderer Freunde und Verbündeter in unserem ureigensten Interesse“. Drittens vertrage sich mit dieser Haltung kein Diktatfrieden. Merz berichtete auch von seinen zwei Telefonaten mit US-Präsident Trump: Er werde „alle Anstrengungen unternehmen“, um weiterhin „größtmögliche Einigkeit“ zwischen Europa und Washington herzustellen, sagte er.
Stärkste Armee Europas: Berlin werde die eigenen Verpflichtungen in der Nato erfüllen. Die Bundesregierung werde alle finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, die die Bundeswehr benötige, um „konventionell zur stärksten Armee Europas“ zu werden. „Das erwarten auch unsere Freunde und Partner von uns, mehr noch, sie fordern es geradezu ein“, sagte Merz.
Dann: Wirtschaft. Die deutsche Wirtschaft sei noch in großen Teilen wettbewerbsfähig, die Rahmenbedingungen aber nicht mehr. Merz will die Wirtschaft auf Kurs bringen, indem er investiert und reformiert. Dafür brauche es öffentliche und private Investitionen. Erste Maßnahmen werde die Regierung „schon bald“ verabschieden. Beim Sondervermögen – für diese Legislatur seien bis zu 150 Milliarden Euro geplant – müsse man gleichwohl „äußerst behutsam“ mit den Schulden umgehen.
Weitere Punkte: Bürokratieabbau, eine „Hightech-Agenda“ zur Förderung von Spitzentechnologien, die Vereinfachung von Gründungen, die Förderung des offenen Handels. „Im Sinne eines strategischen De-Riskings werden wir einseitige Abhängigkeiten weiter abbauen“, sagte er. Dafür sei es umso wichtiger, neue Handelspartner zu finden. Explizit nannte Merz den afrikanischen Kontinent und die dynamischen Volkswirtschaften Asiens. Auch eine vertiefte Zusammenarbeit mit Großbritannien betonte er.
Nächster Halt: Energie. „An den deutschen, den europäischen und den internationalen Klimazielen halten wir fest“, leitete Merz ein. Um sie zu erreichen, werde die Regierung aber neue Wege einschlagen: vorrangig die CO₂-Bepreisung. „Die Einnahmen daraus werden wir nicht im Staatshaushalt vereinnahmen, sondern gezielt an die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben“, sagte er. Konkreter wurde er nicht.
Erster Schritt: die Senkung der Stromsteuer. Hinzu kämen dann Entlastungen bei den Netzentgelten und die Ermöglichung der Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid. Auch soll die wöchentliche Höchstarbeitszeit kommen. Sobald es finanziell drin sei, würden auch „ganz gezielt die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen bei der Einkommensteuer“ entlastet werden. Weitere Punkte: Grundsicherung statt Bürgergeld, bezahlbare Mieten, die Erhaltung des ländlichen Raums.
Sicherheit und Staatsraison: „Deutschland ist trotz der verschärften Sicherheitslage nach wie vor ein sicheres Land“, leitete Merz ein. Sicherheitskräfte sollen besser ausgerüstet werden. Deutschland müsse ein Schutzraum sein für Jüdinnen und Juden, dem „unerträglichen Antisemitismus“ wolle man den Kampf ansagen. Existenz und Sicherheit Israels seien Staatsraison. „Wir stehen unverbrüchlich an der Seite Israels“, sagte Merz. Die Regierung unterstütze alle Bemühungen für eine bessere humanitäre Versorgung der Bevölkerung in Gaza, deren Leiden man sehe. Es sei eine „humanitäre Verpflichtung“ aller Beteiligten, sagte Merz, dass eine Hungersnot in der Region schnellstmöglich abgewendet werde.
Einwanderung: Das Thema Migration tauchte erst am Ende auf. „Die in weiten Teilen ungesteuerte Migration hat unsere Gesellschaft in den letzten Jahren überfordert“, sagte Merz. Gleichzeitig sei Deutschland ein Einwanderungsland. Man habe aber laut Merz „zu viel ungesteuerte Einwanderung“ zugelassen und „zu viel gering qualifizierte Migration“ in Arbeitsmarkt und Sicherungssysteme ermöglicht. Migration werde jetzt geordnet. Dabei mache Deutschland laut Merz „keinen nationalen Alleingang“, sondern verhalte sich im Einklang mit europäischem Recht. Überdies werde Berlin auch die Außengrenzstaaten unterstützen.