Wenn Friedrich Merz heute in den Plenarsaal des Bundestages kommt, wird der neue Bundeskanzler erstmals während einer Debatte auf der Regierungsbank Platz nehmen. Von dort aus muss er um 13 Uhr nur wenige Schritte zum Rednerpult gehen, um seine erste Regierungserklärung zu halten. Erwartet wird ein Programm für die ersten Monate. Auf der Fraktionsebene des Bundestages und in Hintergrundgesprächen haben die Abgeordneten von Schwarz und Rot bereits Erwartungsmanagement betrieben.
Fest steht: So mancher in den Reihen des Saals wird das Sofortprogramm der CDU geöffnet haben, das die Partei vor der Bundestagswahl beschlossen hatte. Danach fanden zwar noch Koalitionsverhandlungen statt, die Erwartungen an Merz und seine Regierung sind aber trotzdem hoch. Gleiches gilt für die SPD, die in Person von Bärbel Bas bereits ohne Absprache die ein oder andere zusätzliche Forderung präsentierte.
Strompreis auf der Eins: Erste Gesetze sollen noch vor der Sommerpause kommen. Vielfach genannt wurden gestern vor allem die Energiepreise. „Gerade, wenn wir jetzt schnell starten würden, die Strompreise zu reduzieren, wäre das ein wichtiges Signal“, sagte der neue Unions-PGF Steffen Bilger vor Journalistinnen und Journalisten. Alexander Hoffmann, Vorsitzender der CSU im Bundestag, nannte seinerseits das Begrenzungsgesetz bei Migration sowie ebenfalls die Senkung der Stromkosten. Für Verbraucher und Wirtschaft.
Lange Wunschlisten: Bilger ging dann noch auf die Reform des Bürgergelds und des Arbeitszeitgesetzes ein und auf die Aktivrente, die Arbeit auch nach dem Erreichen des Renteneintrittsalters attraktiver machen soll. „Das ist wahrscheinlich alles ein bisschen viel für die ersten Wochen vor der Sommerpause“, fügte er noch hinzu. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch betonte vor der Fraktionssitzung ebenfalls die Energiepreise, als zweites Thema nannte er die Mietpreisbremse. Die Bürgerinnen und Bürger erwarteten zu Recht, dass die Koalition die ersten wichtigen Weichen stelle, so Miersch. „Schnellstmöglich“ soll ein Koalitionsausschuss stattfinden, forderte Hoffmann. Spätestens dieser Termin bietet Gelegenheit für eine schwarz-rote Prioritätenliste.
Weiterhin unvereinbar: Derweil ging die Debatte um den Unvereinbarkeitsbeschluss in die nächste Runde. Hoffmann schloss eine inhaltliche Zusammenarbeit mit der Linken kategorisch aus: „Die Linke ist antibürgerlich, antikapitalistisch und antisemitisch“, sagte er. Bilger sagte, eine inhaltliche Kooperation sei für die Unionsfraktion „weiter ausgeschlossen“. Beide Unionspolitiker äußerten sich zudem zurückhaltend über die geplante Reform der Schuldenbremse, für die eine Zustimmung der Linken notwendig wäre. Die im Koalitionsvertrag genannte Reformkommission sei sinnvoll, sagte Bilger. Das bedeute aber nicht automatisch, dass es eine Abstimmung mit der Linken geben müsse.