Bundeskanzler in spe Friedrich Merz hat angedeutet, sich einer Initiative von 16 EU-Mitgliedsstaaten für eine härtere Migrationspolitik anschließen zu wollen. „Bis jetzt hat Deutschland dazu Nein gesagt, unter meiner Führung wird Deutschland Ja sagen“, sagte Merz bei Caren Miosga. Nach Informationen von SZ Dossier aus Merz' Umfeld bezog er sich dabei auf eine Initiative von Dänemark, Italien, den Niederlanden und weiteren Ländern, denen die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) nicht weit genug geht.
Detailfragen: Zuvor ging es in der Sendung um Zurückweisungen an der deutschen Grenze – und die Abstimmung mit den europäischen Partnern. „Das steht fast wörtlich so im Koalitionsvertrag“, sagte Merz zu möglichen Zurückweisungen von Asylsuchenden. Im Koalitionsvertrag steht: Deutschland werde „in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn“ Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.
Abstimmungen: „Ich mache diese Abstimmung mit den Nachbarstaaten bereits“, sagte Merz. Der französische Präsident Emmanuel Macron etwa unterstütze „voll und ganz“, was Deutschland in der Migrationspolitik vorhabe. Merz sprach zudem von seinem „sehr engen Draht zur dänischen Ministerpräsidentin, die jetzt eigene Vorschläge noch einmal in Europa gemacht hat zusammen mit den Italienern und den Niederländern“. Denen will sich Merz nun nach eigener Aussage anschließen.
Härterer Kurs: Es geht um einen Brief, den Dänemark im Mai vergangenen Jahres gemeinsam mit mittlerweile 15 weiteren EU-Mitgliedern kurz nach der GEAS-Einigung an die Europäische Kommission geschickt hatte. Die beschlossenen Reformen gingen den unterzeichnenden Ministerinnen und Ministern nicht weit genug: Sie forderten unter anderem Mechanismen, um Migranten „auf hoher See aufzuspüren, abzufangen (…) und sie an einen sicheren Ort in einem Partnerland außerhalb der EU zu bringen“.
Sichere Drittstaaten: Ebenfalls in dem Schreiben gefordert wurde eine Neubewertung des Konzepts der „sicheren Drittstaaten“. Laut EU-Recht ist eine Verbindung zu einem Drittland nötig, um eine Person dorthin schicken zu können. Auch das soll laut des Schreibens geprüft werden – was sich mit dem schwarz-roten Koalitionsvertrag deckt. Demnach wollen Union und SPD eine „Initiative zur Streichung des Verbindungselements“ ergreifen. Die Kommission wird darüber hinaus in dem Schreiben aufgefordert, einen „Vorschlag zur Bestimmung von Ländern als sichere Drittstaaten auf EU-Ebene“ vorzulegen.
Rückkehrzentren: Zudem warben die Unterzeichner des Briefes für zusätzliche Abkommen mit Drittstaaten entlang der Migrationsrouten – und Kooperationen mit Drittstaaten für Rückkehrzentren. Die EU-Kommission hat jüngst eine Initiative für ein neues Gemeinsames Europäisches Rückkehrsystem auf den Weg gebracht, die unter anderem die rechtliche Möglichkeit vorsieht, Rückkehrzentren in Drittländern einzurichten. Diese Zentren sollen Personen aufnehmen, die sich illegal in der EU aufhalten und sie endgültig verlassen müssen.
Zweifel in der SPD: Der künftige Koalitionspartner sieht derweil keinen großen Spielraum für weitere Verschärfungen. „Die Einigung bei GEAS war ein großer Schritt nach vorne in Europa und ein Moment seltener Einigkeit beim Thema Asyl“, sagte SPD-Innenpolitikerin Carmen Wegge SZ Dossier. „Wenn unsere Mitglieder dem Koalitionsvertrag zustimmen, werden wir GEAS noch in diesem Jahr ins nationale Recht umsetzen und es auf europäischer Ebene weiterentwickeln, so ist es eindeutig im Koalitionsvertrag festgehalten. Nicht mehr und nicht weniger.“