„Die Auswirkungen werden sich vor allem als Herausforderung für die Innenpolitik Polens darstellen“, sagte der neue Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Knut Abraham (CDU), über das Ergebnis der polnischen Präsidentschaftswahl. Sein Fazit: „Präsident und Regierung werden nunmehr weiterhin nicht aus einem gemeinsamen politischen Lager kommen, sondern stark rivalisieren. Das wird eine Kohabitation nicht einfach machen.“
Knappes Ergebnis: Bei der Wahl lag Karol Nawrocki, der Kandidat der rechtsnationalistischen PiS-Partei, im zweiten Wahlgang mit 50,89 Prozent der Stimmen vor dem Warschauer Bürgermeister Rafał Trzaskowski mit knapp 49,11 Prozent (mehr dazu hier). Abraham erwartet für Berlin und Brüssel keine schweren Zeiten: „Außenpolitisch werden sich keine wesentlichen Veränderungen ergeben. Die Grundkonstanten für Polen bleiben die Mitgliedschaft in EU und Nato und die Unterstützung der Ukraine“, sagte er SZ Dossier. Dabei werde es „mit Sicherheit“ auch unter Karol Nawrocki bleiben.
Steinmeier und Merz gratulieren: Regierungssprecher Stefan Kornelius sagte gestern in der Regierungspressekonferenz, Merz schließe sich der Gratulation von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an. Die Bundesregierung sei angesichts des Wahlergebnisses „weder überrascht noch erfreut“. Gleichwohl ließ er sich einen Kommentar zur Innenpolitik nicht nehmen: „Wir hoffen, dass, nachdem der Wahlkampf jetzt vorbei ist, auch wieder ein bisschen Gelassenheit und Vernunft einzieht und der Blick auf Deutschland wieder an Sachthemen gemessen wird und in eine ruhigere Beobachtung hineinkommt.“
Auch Abraham blieb gelassen. „Wir sollten die Zusammenarbeit mit dem neuen polnischen Staatspräsidenten pragmatisch angehen“, sagte er. Es sei positiv, dass Steinmeier Nawrocki schon nach Berlin eingeladen habe. Die bilateralen Beziehungen seien gut, aber immer sehr sensibel. „So erwarte ich, dass die polnische Kritik an den von uns für dringend erforderlich gehaltenen Grenzkontrollen und Zurückweisungen eher zunehmen wird“, sagte Abraham. Zugleich erwartet er eine neue Debatte über Entschädigungen für die von Deutschland zu verantwortenden Verwüstungen während des Zweiten Weltkrieges.
Zentrales Thema Migration: Besonders wichtig für die künftige Zusammenarbeit zwischen Berlin und Warschau sei es aus Sicht des Polen-Beauftragten, einen gemeinsamen Ansatz bei der Migration zu finden. „Das bedeutet vor allem eine dauerhafte Lösung bei der effektiven Kontrolle der EU-Außengrenzen. Sowohl Deutschland als auch Polen haben doch die gleiche Herausforderung“, sagte Abraham. Da sollte es doch möglich sein, sich auch über Lösungen zu verständigen. Polen sei ein für die Zukunft Europas zentrales Land. „Mit einer boomenden Wirtschaft, mit einer starken Armee“, betonte Abraham. „Wir Deutsche können froh sein, ein solches Partnerland an unserer Seite zu haben.“