Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben
Artikel

Die Ausgangslage vor dem Selenskij-Besuch

Wolodimir Selenskij ist heute zu Gast in Berlin. Es ist der erste Besuch des ukrainischen Präsidenten, seit in Deutschland ein neuer Kanzler regiert. Im Gespräch zwischen Bundeskanzler Friedrich Merz und Selenskij soll es um etwaige Verhandlungen zwischen Kyiv und Moskau sowie weitere EU-Sanktionen gegen Russland gehen, berichten SZ und Spiegel.

Dauert länger: Gestern war Merz noch in Skandinavien unterwegs – und ließ durchblicken, dass er nicht von einem baldigen Ende des Krieges in der Ukraine ausgeht. Er rechne damit, „dass wir uns möglicherweise auf eine längere Dauer noch einzustellen haben“, sagte der Kanzler nach seinem Gespräch mit dem finnischen Regierungschef Petteri Orpo in Turku.

Nachgereicht: In Finnland präzisierte Merz auch seine Aussagen vom Vortag zur Aufhebung der Reichweitenbeschränkung der Waffen, die Deutschland an die Ukraine geliefert hat. Dieses Thema habe „vor einigen Monaten und einigen Jahren einmal eine Rolle gespielt“, sagte Merz. Die Länder, die Reichweitenbegrenzungen auferlegt hätten, hätten das längst aufgegeben. „Insofern habe ich gestern in Berlin etwas beschrieben, was schon seit Monaten der Fall ist“, sagte Merz.

Ärger bei der SPD: Obwohl Merz also keinen neuen Stand verkündet haben wollte, lösten seine Aussagen beim Koalitionspartner Unmut aus. Ex-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte im Deutschlandfunk: „Ich würde die Bundesregierung bitten, sich lieber an den diplomatischen Bemühungen zurzeit zu beteiligen“, sagte Mützenich.

Ärger mit den USA? Um den Druck auf Russland zu erhöhen, wäre es praktisch, die EU hätte die USA in Sachen Sanktionen auf ihrer Seite. Nach einem gemeinsamen Vorgehen sieht es aber derzeit nicht aus. Die Gespräche mit Washington über den gemeinsamen Kampf gegen Moskaus Sanktionsumgehungen seien gescheitert, berichten SZ, NDR und WDR. Das gehe aus einem internen Bericht des Auswärtigen Amtes über eine Sitzung des EU-Rates für Auswärtige Angelegenheiten hervor, der am 20. Mai in Brüssel tagte.

Abbruch: Laut dem Papier beklagt der EU-Sanktionsbeauftragte David O’Sullivan den vollständigen Abbruch der transatlantischen Abstimmung zu Sanktionsumgehungen. Es finde daher „kein gemeinsamer Outreach“ mehr statt.

Warnschuss: Die russische Wirtschaft leide unter den Sanktionen, schreibt Christiane Kühl in unserem Dossier Geoökonomie. Mehr Durchsetzung wäre also gerade im Umfeld der Verhandlungsbemühungen dringend nötig. Ausgerechnet jetzt aber machen die USA nicht mehr mit. Für Europa sei das ein weiterer Warnschuss, dass Gespräche mit der Trump-Regierung möglicherweise grundsätzlich fruchtlos sind, schreibt meine Kollegin. Im US-Kongress würden derweil aber Forderungen beider Parteien lauter, die Sanktionen gegen Russland auszuweiten.