Wie so oft in den vergangenen Tagen können hinter sperrig klingenden Bundestagsformalitäten knifflige Sachverhalte stecken. So wie gestern, als der Bundestag die Mitglieder des Wahlausschusses „für die vom Deutschen Bundestag zu berufenden Richter des Bundesverfassungsgerichts gemäß Paragraf 6 Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes“ wählt. Nicht der Ausschuss selbst ist jedoch das Problem, sondern sein Zweck.
Um was es geht: Aktuell sind drei Richterstellen in Karlsruhe zu besetzen – alle fallen dieses Mal turnusgemäß in die Zuständigkeit des Bundestags. Doch anders als bei den Vorsitzenden der Ausschüsse (siehe unten) sind hier weniger die infrage kommenden Personen das Problem, als vielmehr die Mehrheiten, die für ihre Wahl benötigt werden. Denn es braucht eine – man ahnt es schon – Zweidrittelmehrheit. Damit ist Schwarz-Rot erneut auf die Stimmen von Grünen und Linken angewiesen. In den vergangenen Tagen hat die Union immer wieder bekräftigt, dass sie ihren Unvereinbarkeitsbeschluss nicht aufgeben und nicht mit der Linken zusammenarbeiten will.
Was aber nun tun? Die Union könnte pokern, dass die Wahl der Bundesverfassungsrichter im Bundestag nicht klappt. Denn: Bleibt eine Stelle zwei Monate nach dem regulären Amtsende unbesetzt, fordert das dienstälteste Wahlausschussmitglied das Bundesverfassungsgericht auf, eine Liste mit geeigneten Personen vorzulegen. Sollte das Plenum drei Monate nach Vorlage dieser Liste noch immer keine Wahl getroffen haben, geht das Wahlrecht automatisch auf den Bundesrat über. Es wäre politisch ungewöhnlich, juristisch aber ausdrücklich vorgesehen.
Die Union könnte es darauf ankommen lassen. Die Aussage von Alexander Hoffmann, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag, kann dahingehend interpretiert werden. „Es ist es ja so, dass es auch ein Nachwahlverfahren gäbe, so will ich das mal nennen, für den Fall, dass es im Deutschen Bundestag nicht zu einer Zweidrittelmehrheit kommt“, sagte er vergangene Woche vor Journalisten. Es sei wichtig, dass das Bundesverfassungsgericht handlungsfähig bleibt, betonte Hoffmann. Doch das könne auch mit dem Nachwahlverfahren sichergestellt werden. „Und deswegen ist es jetzt nicht so, dass ich bereit bin, wegen dieser Frage, mich irgendwie den Linken anzunähern“, schloss Hoffmann.