Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben
Meldung

Kann die AfD von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden?

Vertreterinnen und Vertreter von Grünen und Linken fordern, der AfD die Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung zu streichen. Marcel Emmerich, innenpolitischer Sprecher der Grünen, sagte dem Tagesspiegel, die Streichung staatlicher Gelder sei als Instrument Teil der wehrhaften Demokratie und müsse jetzt genutzt werden. Linken-Politikerin Clara Bünger sagte, die Demokratie dürfe nicht zulassen, dass sie mit Mitteln aus der Staatskasse ihre eigene Abschaffung finanziert. Tim Frehler berichtet.

Comeback der Ideen: Seit der Verfassungsschutz die AfD am Freitag als gesichert rechtsextrem eingestuft hat, hat die Debatte über den Umgang mit der Partei Fahrt aufgenommen, etwa die Forderung nach einem Parteiverbot. Auch die Idee, der AfD das Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung zu streichen, kursiert schon länger. Es geht um einen nicht unerheblichen Betrag: 2023 erhielt die AfD laut Rechenschaftsbericht etwa 11,6 Millionen Euro aus staatlichen Mitteln, das waren fast 30 Prozent ihrer gesamten Einnahmen. Weil sich die Höhe des Betrages an Wahlergebnissen, Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträgen und Spenden orientiert, wird die Zahl steigen.

Die Sache hat einen Haken: Die Voraussetzungen, um der AfD das Geld zu entziehen, seien im Wesentlichen identisch mit denen eines Parteiverbotsverfahrens, sagte Sophie Schönberger, Inhaberin des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, vor gut einem Jahr SZ Dossier. Der AfD muss nachgewiesen werden, dass sie verfassungsfeindliche Ziele verfolgt und ihr Handeln planvoll darauf ausgerichtet ist, diese Ziele in die Tat umzusetzen.

Der Unterschied zu einem Parteiverbot liegt im Kriterium der sogenannten Potenzialität. Dabei geht es um die Frage, ob ausreichend Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Partei ihre verfassungsfeindlichen Ziele erreichen kann. Um ihr die Finanzierung abzuschneiden, muss das nicht gegeben sein. Das sagte auch Linken-Politikerin Clara Bünger, die selbst Juristin ist: „Eine tatsächliche Gefährdung muss nicht nachgewiesen werden.“ So war es zum Beispiel im vergangenen Jahr möglich, die NPD, die sich heute „Die Heimat“ nennt, für sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. Ein Parteiverbot war Jahre zuvor gescheitert, den Ausschlag gab die fehlende Potenzialität.

Geringerer Eingriff: Clara Bünger zufolge sei ein Finanzierungsausschluss eher erreichbar als ein Parteiverbot. „Beide schließen sich nicht aus, aber es ist rechtlich und politisch sinnvoll, zuerst diesen Weg zu beschreiten“, sagte Bünger SZ Dossier.

Das Problem dabei: Die AfD hat bei der vergangenen Bundestagswahl mehr als 20 Prozent der Stimmen erhalten. Das Kriterium der Potenzialität würde sie wohl erfüllen – und damit genau jenes Kriterium, das den Unterschied zwischen Parteiverbot und dem Ausschluss von der Parteienfinanzierung markiert. Stellt sich also die Frage, warum man nicht gleich ein Verbot beantragt.

Die Meinungen gehen auseinander: Gefragt, was er vor diesem Hintergrund von dem Vorstoß hält, den Ausschluss der AfD von der Parteienfinanzierung zu beantragen, antwortete der Grünen-Abgeordnete Till Steffen: „Nichts.“ Steffen war einer der Initiatoren eines Antrages, mit dem Ziel, die Verfassungswidrigkeit der AfD durch das Bundesverfassungsgericht feststellen zu lassen. Auch die SPD-Politikerin Carmen Wegge gehörte dazu. Weil die Maßstäbe nahezu identisch sind, schlägt sie vor, die Entziehung der staatlichen Finanzierung einfach als Hilfsantrag zur Prüfung der Verfassungswidrigkeit zu stellen.