Nachdem es zwischen den künftigen Koalitionspartnern Union und SPD einen Dissens bei der Auslegung des Koalitionsvertrags beim Thema Mindestlohn gegeben hatte, hatte sich die Mindestlohnkommission kürzlich zu Wort gemeldet und ihre Unabhängigkeit betont. Die Vorsitzende des Gremiums, Christiane Schönefeld, teilte mit, die Mitglieder unterlägen bei der Wahrnehmung ihrer Tätigkeit keinen Weisungen. Es gilt als ungewöhnlich, dass sich das Gremium in dieser Form an die Öffentlichkeit wendet.
Wie denn nun? Nachdem die SPD in ihrer Kommunikation an Wähler und Mitglieder formuliert hatte, dass der Mindestlohn auf 15 Euro angehoben wird, sagte der designierte Kanzler und CDU-Chef Friedrich Merz in einem Interview mit der Bild am Sonntag, dass es „keinen gesetzlichen Automatismus“ geben werde. Man habe lediglich vereinbart, dass die Mindestlohnkommission „in diese Richtung denkt“. Seit dem Wochenende geht die Debatte darüber weiter, welche Lesart stimmt.
Wer denn nun? Der Gesetzgeber hat nach Einführung des Mindestlohns 2015 die Mindestlohnkommission eingerichtet, die nötige Anpassungen unabhängig von politischem Einfluss errechnen soll. Das Gremium besteht aus einem oder einer Vorsitzenden und sechs stimmberechtigten Mitgliedern. Drei von ihnen sind Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmerseite, drei vertreten die Arbeitgeberseite. Hinzu kommen zwei beratende Mitglieder aus der Wissenschaft ohne Stimmrecht. Die Kommission stimmt darüber ab, welcher Vorschlag der Bundesregierung zur Höhe des Mindestlohns gemacht werden soll.
Wann denn nun? Die Mindestlohnkommission hat bereits angekündigt, Ende Juni ihre Empfehlung abzugeben. Seit Beginn des Jahres liegt der Mindestlohn bei 12,82 pro Stunde. In der Regel schlägt die Mindestlohnkommission alle zwei Jahre eine Erhöhung vor. Da diese stufenweise kommt, steigt die tatsächliche Höhe des Mindestlohns fast jährlich. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass es bis zum 1. Januar 2016 – wie im Koalitionsvertrag formuliert – eine Anpassung geben kann. Sicher ist aber nicht, dass diese, wie von der SPD gewünscht, auch tatsächlich bei „60 Prozent des mittleren Einkommens“ liegen wird.